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Länderspielserie: Platz 7: Thriller im Dauerregen

Gegen Schweden zeigte Helmut Schöns Mannschaft 1974 in der Finalrunde das vielleicht schönste Spiel der Weltmeisterschaft

Am 5. April jährt sich zum hundertsten Mal das erste Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Bis dahin erinnern wir jeden Tag an eines der besten Spiele der DFB-Elf. Heute unser Platz 7: Die Finalrundenbegegnung bei der Weltmeisterschaft 1974 gegen Schweden.

Wohl nie zuvor und auch nicht danach ist die deutsche Nationalmannschaft als derart klarer Favorit in eine Weltmeisterschaft gestartet wie 1974. Fast alles sprach vor dem Turnier für die Deutschen: Zwei Jahre zuvor hatten sie beim Gewinn der Europameisterschaft mit spielerischer Leichtigkeit den ganzen Kontinent begeistert, einen Großteil der Mannschaft stellte der FC Bayern München, der gerade den Europapokal der Landesmeister geholt hatte – und noch dazu durften sie die WM im eigenen Land bestreiten. Umso ernüchternder waren die dürftigen Vorstellungen zu Beginn des Turniers. Erst nach der Vorrunde konnte die Mannschaft die Ansprüche annähernd erfüllen, ihr bestes Spiel zeigte sie am zweiten Spieltag der zweiten Finalrunde im Düsseldorfer Rheinstadion gegen Schweden. „Ich komme aus dem Staunen nicht heraus“, sagte Ersatzspieler Jupp Kapellmann, der das 4:2 von der Tribüne aus verfolgt hatte, und Fifa-Präsident Sir Stanley Rous behauptete sogar: „Für mich war es das schönste Spiel dieser Weltmeisterschaft.“

Das Lob war berechtigt: Bei Dauerregen überzeugte die Mannschaft von Bundestrainer Helmut Schön nicht nur kämpferisch, sondern auch spielerisch; selbst durch Edströms Tor zum 0:1 ließ sie sich nicht aus dem Konzept bringen, obwohl der Treffer aus dem ersten seriösen Angriff der Schweden resultierte und die Deutschen zu diesem Zeitpunkt bereits sechs gute Chancen ausgelassen hatten.

In dieser Begegnung kannte das Spiel des WM-Favoriten nur eine Richtung: immer nach vorn! 16:0 lautete am Ende das Eckenverhältnis zu Gunsten der Deutschen. Die Schweden aber trotzten dem deutschen Dauerdruck erstaunlich lange. Mit einigem Glück retteten sie ihre Führung in die Pause, und nachdem Overath und Bonhof die Begegnung mit einem Doppelschlag zum 2:1 scheinbar gedreht hatten, dauerte es nur zwei Minuten, ehe Sandberg zum 2:2 ausglich. Wegen seines dramatischen Verlaufs bezeichnete die „Süddeutsche Zeitung“ das Spiel später als „Thriller ohnegleichen“, der nicht nur für die Deutschen, sondern vor allem für den Bundestrainer ein glückliches Ende fand.

Helmut Schön war während der WM für einige seiner Entscheidungen hart kritisiert worden, im Rheinstadion machte er alles richtig: Nach 65 Minuten wechselte er Jürgen Grabowski für den Düsseldorfer Dieter Herzog ein. Kurz darauf erzielte der Frankfurter Rechtsaußen den vorentscheidenden Treffer zum 3:2. Vor allem aber hatte der Bundestrainer im fünften Spiel des Turniers endlich seine Idealbesetzung gefunden. Nach Grabowskis Einwechslung standen zum ersten Mal jene elf Spieler auf dem Platz, die eine Woche später das Finale gegen Holland 2:1 gewinnen würden.

30. Juni 1974, WM-Finalrundenspiel in Düsseldorf, Deutschland – Schweden 4:2 (0:1). Zuschauer: 67.861. Tor: 0:1 Edström (26.), 1:1 Overath (50.), 2:1 Bonhof (51.), 2:2 Sandberg (53.), 3:2 Grabowski (78.), 4:2 Hoeneß (89., Foulelfmeter).

Die Serie und ein Diskussionsforum im Internet:

www.tagesspiegel.de/sport

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