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Sport: Lahmer Kraftprotz

BMW fährt mit dem stärksten Motor der Formel 1 hinterher

Berlin. Gerhard Berger war am Sonntag einer von Millionen, die den Großen Preis von Österreich im Fernsehen verfolgten. Das ist in seinem Fall ein wenig ungewöhnlich, denn Berger ist Österreicher und die Formel 1 sein Ein und Alles. In seiner Wahlheimat Monaco aber wurde dem Sportdirektor vom BMW der Nachmittag gründlich verdorben. Erst musste er mit ansehen, wie Juan Pablo Montoya den BMW-Williams mit rauchendem Motor vorzeitig abstellte, dann wurde dessen Teamgefährte Ralf Schumacher von Bruder Michael überrundet, und schließlich siegte auch eben jener Michael Schumacher im Ferrari. In der Summe war das sehr hart für Berger, aber es kam nicht unerwartet.

Als im September scheidender Sportdirektor genießt Berger das Privileg, nicht mehr bei jedem Lauf zur Formel-1-Weltmeisterschaft an der Box stehen zu müssen. Und doch sucht der frühere Formel-1-Fahrer immer noch die Konfrontation. Gerade erst hat er den Teampartner Williams dafür verantwortlich gemacht, dass der von Montoya und Schumacher gesteuerte Rennwagen in dieser Saison bereits als Schildkröte verspottet wird. Das trifft einen wie Berger hart, der BMW stets als „mein Baby“ bezeichnet.

Es ist kein Geheimnis, dass sein Ausstieg aus dem operativen Geschäft bei den Münchnern mit der Entscheidung der Bayern zusammenhängt, sich nicht von den Engländern zu trennen. „Wir haben einen Motor, der um den WM-Titel mitfahren kann, aber wir sind von unserer Zielsetzung weit entfernt. Unsere Ingenieure haben das nicht verdient“, hat Berger deshalb gesagt. Diesen Spruch hätten wohl viele bei BMW-Williams noch gut mittragen können, denn der Motor aus Bayern gilt als der Kraftprotz in der Formel 1.

Erst als Berger „Alternativen im Partnerbereich“ forderte, bekam er Ärger, und zwar gewaltigen. Denn etwas denken und es dann öffentlich aussprechen, das ist in der Formel 1 in den seltensten Fällen miteinander vereinbar. Dem mächtigen Frank Williams stieß Bergers Kritik jedenfalls so sauer auf, dass er ihn offensichtlich zur öffentlichen Richtigstellung nötigen ließ. Es war, als habe Berger über Nacht seine Meinung um 180 Grad gedreht. Plötzlich ließ der Österreicher verlauten: „Alles totaler Blödsinn. Williams ist meiner Meinung nach für BMW derzeit die beste Lösung.“

Dabei ist der eigentliche Kritikpunkt so aktuell wie zuvor. Auch beim Rennen in Spielberg war am Sonntag wieder einmal zu sehen, dass die 900 Pferdestärken der BMW-Motoren in dem weniger effizienten Williams-Chassis überhaupt nicht zur Geltung kommen.

In der Öffentlichkeit bemüht sich BMW um Zurückhaltung. „Ferrari ist der Maßstab“, verkündete BMW-Motorenchef Mario Theissen. Unbestritten ist die Überlegenheit des neuen Ferrari, ob er nun von Michael Schumacher oder vom Brasilianer Rubens Barrichello gefahren wird. In Spielberg lag es allein an den Problemen mit der Tankanlage, dass Schumacher die Konkurrenz nicht ähnlich demütigend beherrschte wie im vergangenen Jahr. „Schumacher ist stärker als das Feuer“, titelte „Tuttosport“, nachdem kurzzeitig Flammen am Auto des Weltmeisters züngelten. Lange schon ist es vorbei mit der Schadenfreude der Konkurrenz, als in den ersten drei Rennen die Ferrari nicht auf Touren kommen wollten. Noch führt der Finne Kimi Räikkönen in der Weltmeisterschaft knapp vor Michael Schumacher, und sein McLaren-Mercedes-Team liegt in der Konstrukteurswertung dicht hinter Ferrari. Noch.

Während McLaren-Mercedes das neue Rennauto in der Hinterhand hat, müssen die Verantwortlichen bei BMW-Williams versuchen, mit dem vorhandenen gegen Ferrari zu bestehen. Nicht nur Gerhard Berger hat erkannt, woran es derzeit mangelt. Mario Theissen auch, aber er drückt es anders aus, diplomatischer: „Bei einem neuen Konzept kann man sich schon mal in eine falsche Richtung bewegen.“

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