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Sport: Lange Leidenszeit

Brasilien zittert sich durch ein 5:4 im Elfmeterschießen gegen Uruguay ins Finale der Copa America

Als die Anspannung endlich wich, sprang Brasiliens Trainer Carlos Dunga mit geballten Fäusten in die Luft. Brasilien hatte es doch noch geschafft und das drohende Aus abgewendet. Herthas Bundesligaprofi Gilberto hatte den siebten Elfmeter im Halbfinale der Copa America gegen Uruguay sicher verwandelt, anschließend hatte Torhüter Doni den schwachen Schuss von Diego Lugano gehalten. Durch ein 5:4 (2:2, 2:1) im Elfmeterschießen zog der Titelverteidiger ins Finale ein und trifft dort am Sonntag auf Mexiko oder Argentinien (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet). „Das war Adrenalin pur, aber ein großes Team muss auch leiden lernen“, sagte der umstrittene Dunga, der nach dem Sieg von Maracaibo erstmals seit Beginn des Turniers in Venezuela gut gelaunt statt mürrisch auftrat. Der Erfolg dürfte ihm die Ausübung seines Berufs zumindest vorübergehend etwas erleichtern, hatten doch brasilianische Medien zuvor schon von einer „Entmachtung“ Dungas durch die Spieler geschrieben.

Fast wäre es auch schiefgegangen für den Trainer im mit 40 000 Zuschauern ausverkauften Stadion „José Pachencho Romero“. Ausgerechnet die beiden von Dunga eingewechselten Afonso und Fernando scheiterten im Elfmeterschießen, das bei der Copa traditionell ohne Verlängerung direkt auf die reguläre Spielzeit folgt. Fernandos Schuss gegen den Pfosten beim sechsten Elfmeter hätte verhängnisvoll für sein Team werden können, doch Uruguays Pablo Garcia traf ebenfalls nur den Pfosten.

Der dritte Einwechselspieler zumindest ließ Dunga nicht im Stich: Werder Bremens Diego behielt beim so wichtigen fünften Elfmeter die Nerven und schickte sogleich ein Stoßgebet gen Himmel. Ganz nebenbei meldete sich der fast schon ausgemusterte Bundesliga-Spieler mit einem beherzten Kurzauftritt in den Schlussminuten in der Selecao zurück und darf sich wieder vage Hoffnungen machen, im Finale doch noch über die Rolle eines Ergänzungsspielers hinauszukommen.

In der regulären Spielzeit hatten Maicon und Julio Baptista für den Rekord-Weltmeister getroffen, Diego Forlan und der für den angeschlagenen Schalker Dario Rodriguez zur Halbzeit eingewechselte Sebastian Abreu hatten in der Hitze von Maracaibo jeweils für Uruguay ausgeglichen. In der ersten Halbzeit musste das Spiel wegen eines Ausfalls des Flutlichts für 13 Minuten unterbrochen werden.

„Die Copa America ist fast schon schwieriger zu gewinnen als eine Weltmeisterschaft“, dozierte Dunga anschließend. „Die südamerikanischen Mannschaften kennen sich in- und auswendig, da ist kaum noch Platz für Überraschungen.“ Doch Dunga weiß, was in der Heimat zählt: „Wir müssen gewinnen, und wir stehen im Finale – das ist das Wichtigste. Der Gegner ist erst einmal egal.“

In den 90 nervenaufreibenden Minuten wurde zuvor deutlich, woran es dem brasilianischen Spiel noch krankt: Trotz eines bislang überragenden Robinho (sechs Treffer) im Angriff, hat der siebenmalige Copa-Sieger Probleme im Kreativbereich. Weder Julio Baptista noch Diego konnten bislang die Lücke, die durch das Fehlen von Kaká und Ronaldinho im offensiven Mittelfeld entstanden ist, schließen. Die beiden Stars machen auf eigenen Wunsch Urlaub, und Dunga konnte sich ein paar Sticheleien in ihre Richtung nicht verkneifen. „Diese Spieler hier haben auf Urlaub verzichtet, und das muss ich ihnen hoch anrechnen“, sagte er.

Gegen die taktisch traditionell starken Spieler aus Uruguay rächte sich Brasiliens Schwäche, zumal der Gegner wesentlich stärker auftrat als die völlig indisponierten Chilenen beim 1:6 im Halbfinale. „Wir können zufrieden sein. Nach dem holprigen Start stehen wir jetzt im Endspiel – und das zu Recht“, sagte Brasiliens Kotrainer, der ehemalige Bundesligaspieler Jorginho, dem Tagesspiegel. „Jetzt wollen wir am Sonntag natürlich auch den Titel holen.“ Auch weil es für das neue Trainergespann Dunga/Jorginho bei der ersten echten Bewährungsprobe der optimale Start wäre.

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