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Sport: Langer Weg nach Indien

Ocean Race: Heute startet in Kapstadt die zweite Etappe in unbekannte Regionen

Berlin - Es sind eigentümliche physikalische Gesetze, die Menschen sich über das Wasser fortbewegen lassen. Man hängt ein Stück Stoff in den Wind und los geht’s. In beinahe jede Richtung. Einziges Hindernis: das Wasser. Was sind nicht alles für Bootsrümpfe erdacht worden, um sich das Wasser fügsam zu machen? Je länger, hieß es früher, desto schneller pflügen Segelyachten durchs Nass. Dann hat man zwei Rümpfe ersonnen, dann sogar drei parallel geschaltet. Die jüngste Evolutionsstufe verfolgt eine andere Philosophie. Die beim Volvo Ocean Race eingesetzten so genannten Open 70 sehen eher gewöhnlich aus. Man kennt diese Linien und Formen seit langem, nur sehr viel kleiner – bei Jollen. Statt durchs Wasser zu wühlen, schieben sich die 21,5 Meter langen und 14 Tonnen schweren Rennmaschinen auf ihre eigene Bugwelle und gleiten mit enormem Tempo übers Wasser.

Gleich zweimal wurde so auf der ersten Etappe des Volvo Ocean Race ein neuer Weltrekord für Einrumpfboote aufgestellt. 593 Meilen in 24 Stunden schaffte die „Ericsson 4“ unter Skipper Torben Grael, dem zweimaligen brasilianischen Olympiasieger und Jollen-Experten. Damit übernahm im Südatlantik das modernste Boot die Führung. Es ließ sie sich auf dem Weg nach Kapstadt von den sieben Konkurrenten auch nicht mehr nehmen. Schon einen Tag später preschte die zehnköpfige Crew aus internationalen Spitzenseglern mit einem Etmal (die von einem Schiff von Mittag zu Mittag zurückgelegte Wegstrecke) von magischen 602 Meilen weiter davon. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Knoten oder 45 Stundenkilometern, mit denen eine Distanz von Berlin nach Helsinki an einem Tag zurückgelegt wurde.

Dabei waren die Bedingungen für Spitzenleistungen nicht ideal. Die überzüchteten Schiffe hatten es auf dem Schlussspurt nach Südafrika mit heftigen Böen und hohem Wellengang zu tun. Nur die eingespielte Mannschaft der „Ericsson 4“, die monatelang vor Lancarote mit ihrem Zweitboot „Ericsson 3“ trainiert hatte, wusste da schon früh zu überzeugen. „Sie wussten anscheinend viel besser als wir, wo die Grenzen des Schiffes sind", sagte Ken Read, „und sie konnten ihr Boot auch bei Hack viel härter und schneller segeln.“ Der amerikanische Skipper blieb mit seiner vom deutschen Sportartikelhersteller Puma gesponserten Yacht „Il Mostro“ als einziger dem Schwedenteam auf den Fersen.

Die bis zur ersten Zwischenwertung vor der brasilianischen Küste führende „Green Dragon“ kollidierte mit einem Gegenstand, der das Boot abrupt aufstoppte. Rudergänger Neal McDonald wurde so heftig gegen das Steuerrad geschleudert, dass es zerbrach. Unter Deck wurde ein Mitsegler durch den unverkleideten Raum geschleudert und landete mit dem Kopf im Müllsack. Das von einem irisch- chinesischen Konsortium unterstützte Team konnte die hohe Schlagzahl von da an nicht mehr mitgehen und fiel auf den vierten Platz zurück. Ohnehin schienen einige Crews überfordert von der Rasanz, mit der die Open-70-Racer jeden Bedienungsfehler sofort bestrafen.

Heute beginnt die zweite Etappe des Volvo Ocean Race von Kapstadt nach Kochi. Damit betreten die Hochseeasse völlig neues Terrain. Denn Asien wurde bislang ausgespart auf den renommierten Langstrecken-Regatten. Das Ziel Indien, etwa 4500 Meilen nordöstlich gelegen, ist denn auch gar nicht auf direktem Wege erreichbar. Erstes Hindernis ist der Agulhas-Strom, der an der Ostküste Afrikas nach Süden schiebt und für rauen Seegang sorgt. Dann müssten die Teilnehmer gegen den Südostpassat ankreuzen, um sich schließlich am Äquator durch bleierne Flauten zu schleppen.

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