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Sport: Langstreckenläufer El Guerrouj: "Ich möchte alle Weltrekorde brechen - von 1500 bis 5000 Meter" (Portrait)

Viel Zeit bleibt Hicham El Guerrouj nicht, denn der Zeitplan ist eng kalkuliert. Als krönender Abschluss soll heute beim Istaf das 2000-m-Rennen um 22 Uhr gestartet werden.

Viel Zeit bleibt Hicham El Guerrouj nicht, denn der Zeitplan ist eng kalkuliert. Als krönender Abschluss soll heute beim Istaf das 2000-m-Rennen um 22 Uhr gestartet werden. Genau fünf Minuten später beginnt das Feuerwerk im Olympiastadion. Gefeiert werden soll damit nicht nur das Finale der Golden League, sondern möglichst auch ein weiterer Weltrekord des Hicham El Guerrouj. Die Distanz wird nur selten gelaufen und zählt natürlich nicht zu einem Meisterschaftsprogramm. Deswegen sind die Chancen für eine Bestzeit über 2000 m größer als über andere Strecken. Dennoch, der Rekord, den Noureddine Morceli (Algerien) vor vier Jahren in Paris auf 4:47,88 Minuten verbesserte, ist hochklassig.

Und dass sich auch ein 2000-m-Weltrekord nicht mal eben im Vorbeigehen brechen lässt, diese Erfahrung machte beim Istaf vor sieben Jahren ein anderer Weltklasseläufer: Moses Kiptanui (Kenia), 1992 Weltrekordler über 3000 m und 3000 m Hindernis, griff im Olympiastadion die Bestzeit an, die damals noch Said Aouita (Marokko) mit 4:50,81 Minuten hielt. Kiptanui kam auf 4:52,53 Minuten.

Dass der Mittelstreckenläufer auch mit längeren Distanzen kein Problem hat, das hat Marokkos Nachfolger von Said Aouita erst vor vier Tagen bewiesen. Beim Golden-League-Meeting in Brüssel lief er das erste 3000-m-Rennen seines Lebens und hatte einen sensationellen Einstieg in die Langstrecke. Mit 7:23,09 Minuten verfehlte er den Weltrekord von Daniel Komen (Kenia) lediglich um zweieinhalb Sekunden. Es war das zweitschnellste Resultat aller Zeiten. Selbst der Serien-Weltrekordler Haile Gebrselassie (Äthiopien) hat in verschiedenen Versuchen nie ein solches Ergebnis erreicht. "Es gab keine Enttäuschung, den Rekord verpasst zu haben, denn es war, verglichen zu anderen Athleten, ein großer Einstieg über 3000 Meter", sagte der Manager des Läufers, Aziz Daouda. Selbst im Training hatte Hicham El Guerrouj nach Auskunft seines Managers zuvor keinen Test über eine längere Distanz gestartet. "Ich glaube nicht, dass er jetzt zu müde ist, um beim Istaf den 2000-m-Weltrekord zu brechen. Wenn die Tempomacher gut sind, dann kann er die Bestzeit um zwei Sekunden unterbieten", kündigt Aziz Daouda an. Es ist kein Widerspruch, wenn der Marokkaner danach zum augenblicklichen Rekord sagt: "Das ist eine gute Zeit. Man muss auch sehen, wer sie gelaufen ist: es war Noureddine Morceli." Doch Aziz Daouda kennt das Leistungsvermögen von Hicham El Guerrouj. "Ich möchte alle Weltrekorde brechen - von 1500 bis 5000 Meter", hatte Hicham El Guerrouj angekündigt, nachdem er bei den Weltmeisterschaften in Sevilla seinen Titel über 1500 m verteidigt hatte. Und Aziz Daouda traut seinem Läufer zu, mittelfristig in noch ganz andere Bereiche vorzustoßen: "Hicham kann über 1500 m 3:24 Minuten laufen und über 5000 m 12:10."

Einmal ist El Guerrouj bisher über 2000 m gelaufen. Vor einem Jahr verpaßte er dabei bei schlechtem Wetter in Gateshead den Weltrekord nur knapp, er lief 4:48,36 Minuten. Zwei Tage zuvor hatte er in Rom den 1500-m-Weltrekord auf 3:26,00 Minuten gedrückt. Die Weltrekorde über diese beiden Distanzen haben für die Marokkaner eine besondere Bedeutung. Beide hielt früher der als Volksheld verehrte Said Aouita. Beide verlor er dann an den Algerier Noureddine Morceli. In seinem wohl letzten Rennen der Saison will El Guerrouj nun den letzten Morceli-Weltrekord brechen, nachdem er im Juli bereits die Meilen-Bestmarke des Algeriers auf 3:43,13 verbessert hatte.

Morceli war übrigens nicht nur derjenige Athlet, der Said Aouita übertrumpfte, er war auch der Ausgangspunkt für die schwärzeste Stunde in der Karriere des Hicham El Guerrouj. Ausgerechnet im olympischen 1500-m-Finale stolperte der Marokkaner 1996 in Atlanta unglücklich über das Bein des Algeriers, der schließlich gewann. Hicham El Guerrouj war am Boden - doch nur kurze Zeit. Ein Anruf des damaligen marokkanischen Königs Hassan II richtete den Läufer wieder auf. "Er erklärte ihm, er sei noch jung, und dies sei nicht der Weltuntergang. Alle Marokkaner würden ihn als Sieger ansehen", erzählte Aziz Daouda, und El Guerrouj sagte später: "Nach diesem Anruf des Königs war es, als wäre ein neuer El Guerrouj geboren worden."

Vielleicht ist es ein gutes Omen für Hicham El Guerrouj: Der einzige Athlet, der in der traditionsreichen Geschichte des Istaf einen Weltrekord über eine Männer-Mittelstrecke aufstellte, war Said Aouita. Der Marokkaner lief vor 14 Jahren über 1500 m 3:29,46 Minuten im Olympiastadion.

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