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Sport: Lauf in ein besseres Leben

Warum die Favoriten beim Berliner Halbmarathon mal wieder aus Kenia kommen

Berlin. Nichts spricht dafür, dass am Sonntag die Erfolgsserien der Kenianer enden könnten. Wenn um 10.40 Uhr die 24. Auflage des Berliner Halbmarathons auf der Straße Unter den Linden gestartet wird, sind die Läufer aus Ostafrika favorisiert. Vorjahressieger Paul Kirui geht als Nummer eins der Jahresweltbestenliste in das Rennen und dürfte auf der Ziellinie ebenfalls ebenso weit vor dem Feld ankommen wie seine kenianische Landsfrau Magdaline Chemjor, im Vorjahr schon Siegerin in Berlin.

In den vergangenen sechs Jahren kam nur einmal ein Sieger des größten deutschen Halbmarathons nicht aus Kenia. Um 2001 zu gewinnen, musste der Spanier Fabian Roncero allerdings einen Europarekord aufstellen, der heute noch gilt (59:52 Minuten). Bei den Frauen ist Kenias Erfolgsserie nicht minder eindrucksvoll: Die jüngsten fünf Siegerinnen des Berliner Halbmarathons kamen aus Kenia. Die Veranstaltung spiegelt die Kräfteverhältnisse im internationalen Straßenlauf sehr realistisch wider. Kenia baut dabei seine Vormachtstellung immer weiter aus. Dies gilt vor allem für die Männer. 2002 wurden weltweit 1000 Marathon-Zeiten unter 2:20 Stunden gelaufen – ein Drittel davon erzielten Kenianer. 25 Läufer blieben 2003 unter der Marathon-Weltklassezeit von 2:08 Stunden, 15 von ihnen sind Kenianer. Im Halbmarathon erreichten im vergangenen Jahr 19 Läufer Zeiten von unter 61 Minuten. Nur vier kommen nicht aus Kenia. Zum Vergleich: Die deutsche Jahresbestzeit im Halbmarathon stand 2003 bei 63:32 Minuten.

Woher kommt diese Überlegenheit der Läufer, die aus einem Entwicklungsland stammen und so gut wie allen Konkurrenten voraus sind? Es ist eine Kette von Gründen, die den Erfolg der Athleten erklären. Die einfachen sozialen Verhältnisse und die Art und Weise, wie die Kinder im Hochland aufwachsen, spielen natürlich eine Rolle. Viele Läufer haben als Kinder unbewusst eine Grundlage gelegt für ihr späteres Leistungsvermögen. Kilometerlange Wege zur Schule werden zu Fuß zurückgelegt, oft im Lauftempo. Die dünne Höhenluft, die sich bei Ausdauerathleten leistungsfördernd bemerkbar machen kann, atmen kenianische Läufer ihr ganzes Leben ein. Die meisten von ihnen stammen aus dem Gebiet um Eldoret im Hochland.

Über eventuelle genetische Vorteile afrikanischer Athleten ist schon viel spekuliert worden. Ein schwedischer Wissenschaftler erklärt, dass auch dieser Faktor eine Rolle spielen kann. Er hat herausgefunden, dass kenianische Läufer über eine andere Muskelstruktur verfügen. Das soll zur Folge haben, dass ihre Muskulatur weniger schnell ermüdet. Dagegen geht man davon aus, dass Doping bei kenianischen Topläufern so gut wie keine Rolle spielt. Es gab allerdings auch schon positive Tests kenianischer Athleten.

Der wichtigste Faktor für den Erfolg ist nach wie vor hartes Training. Die Chance, sich durch Erfolge im Sport einen deutlich besseren Lebensstandard erarbeiten zu können, ist eine zusätzliche Motivation. Diese Punkte machen den großen Unterschied zwischen kenianischen und deutschen Läufern aus. So sieht es auch Tegla Loroupe, die beim Berlin-Marathon 1999 den Weltrekord brach und in Kenia zu den populärsten Laufstars gehört. „In Deutschland haben Sportler sehr gute Rahmenbedingungen“, sagt Loroupe. „Sie haben alles, was sie brauchen, um erfolgreich zu sein. Doch es gibt nur sehr wenige, die hart trainieren und Erfolg haben. Die meisten machen einfach zu wenig.“

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