zum Hauptinhalt
Zielstrebig. Anna Hahner (Nr. 1002) will in Berlin ihre Bestzeit unterbieten. Foto: dapd

© dapd

Sport: Lauf mit Begleitung

Marathon-Talent Hahner zieht Kraft aus dem Glauben.

Berlin - Windböen schüttelten das Flugzeug, Regen peitschte gegen die Fenster, irgendwo zwischen Deutschland und Kenia durchflog die Maschine eine Gewitterfront, die Turbulenzen waren so heftig, dass sich Anna Hahner an die Lehnen ihres Sitzes klammerte. Sie wollte ins Trainingslager, aber jetzt hatte sie erst mal enorme Angst. Und als neben ihrem Fenster auch noch ein Blitz aufleuchtete, da übergab sie geistig ihr Schicksal in die Hände eines Mächtigeren. Sie betete inbrünstig und vertraute darauf, dass Gott sie heil nach Kenia bringen würde.

Dieses Erlebnis gehört zu jenen Momenten, in denen Anna Hahner, die hoffnungsvollste deutsche Marathon-Läuferin, viel Kraft aus ihrem Glauben zieht. „Wenn ich will, kann ich in bestimmten Situationen Verantwortung abgeben“, sagt sie. Ein fester Glaube ist Teil ihres Lebens, einerseits, andererseits ist er einfach Teil ihres Alltags. Die 22-Jährige studiert Französisch und Katholische Religion auf Lehramt, sie ist im katholischen Fulda mit dem sonntäglichen Gottesdienst aufgewachsen. Sie tritt nicht als Missionarin ihres Glaubens auf, sie praktiziert ihn einfach. Allerdings nicht so intensiv, dass sie etwa an Sonntagen nicht starten würde, wie früher zeitweise der Dreispringer Jonathan Edwards.

Aber Hahner betet vor jedem Rennen. Also auch vor dem Berlin-Marathon am Sonntag. Da will sie ihre Bestzeit unterbieten, jene 2:30:14, die sie im Frühjahr in Düsseldorf gelaufen ist. Eine starke Zeit für eine Frau, die erst zwei Jahre zuvor mit Lauftraining begonnen und nun ihren ersten Marathon absolviert hatte. Aber 14 Sekunden zu langsam für die Olympia-Nominierung.

Wenn sie läuft, dann mit dem „Gefühl, dass ich jemanden an meiner Seite habe“, jemanden, dessen Nähe sie zuvor mit einem Gebet gesucht hatte. Als sie in Kenia im Trainingslager war, in einem Camp in der Nähe der Läufer-Hochburg Iten, da ging sie am Sonntag nach Iten in einen Gottesdienst. Sie war die einzige Europäerin, ihretwegen stand jemand auf und übersetzte die Worte des Priesters ins Englische. Dann gab man ihr ein Mikrofon, und Anna Hahner stellte sich vor. Danach feierte sie mit allen Gottesdienst. Immer wieder griffen Menschen zum Mikrofon und bedankten sich. Anna Hahner bedankte sich dafür, dass sie in Kenia sein durfte, dass die Kenianer sie so freundlich aufgenommen hatten.

Dankbarkeit, im Leben der Anna Hahner ein Schlüsselbegriff. Am meisten Dankbarkeit für göttliche Hilfe und das Gefühl, Verantwortung abgeben zu dürfen, hatte sie, als sie auf einer Tartanbahn lag. Bei den 10 000-Meter-Meisterschaften 2011 war sie im Ziel zusammengebrochen. In Kenia hatte sie sich einen Virus eingefangen, der zu einer Leberentzündung geführt hatte. Irgendwann wurde sie bewusstlos. Aber zuvor hatte sie noch das beruhigende Gefühl, dass sie nicht bloß vom herbei eilenden Arzt beschützt werde.

Der größte Wunsch der Katholikin Hahner ist ein Gespräch mit dem Bruder des Extremsportlers und Sängers Joey Kelly. Joey Kelly hatte Anna Hahner mit einem Vortrag über Sport erst zum Laufen gebracht. Sein ebenso bekannter Bruder zog in ein Kloster und lebte jahrelang als Mönch. Seine Erfahrungen würde sie gerne hören.

Der größte Wunsch der Marathonläuferin Hahner ist erstmal eine Zeit unter 2:30 Stunden. Am Sonntag hat sie bei diesem Vorhaben sogar physisch jemanden zur Seite. Zwei Tempomacher begleiten sie. Frank Bachner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false