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Sport: Launen in der Liga, Lust im Pokal

Bremen ist auf den internationalen Wettbewerb angewiesen – die Frage ist nur, wie der Klub dahin kommt

Hugo Almeida zögerte keine Sekunde. „Não“, antwortete der 25-jährige Stürmer von Werder Bremen auf die Frage, ob Hugo Almeida ins Tor gehen würde, wenn Hugo Almeida aufs Tor schießen würde. „Não“ heißt Nein und Roland Martinez, der kahlköpfige Dolmetscher des schussstarken Portugiesen übersetzte die vielsagende Antwort mit einem breiten Grinsen. Fußball-Torhütern vergeht gemeinhin das Lachen, wenn Hugo Almeida seinen strammen Schuss auspackt – um diese Erfahrung ist auch Hoffenheims Torhüter Timo Hildebrand reicher, nachdem Hugo Almeidas später Gewaltschuss das DFB-Pokal-Viertelfinale am Dienstag mit 2:1 zugunsten des Titelverteidigers von der Weser entschieden hatte.

„Hugo, Hugo“-Sprechchöre machten im Bremer Schneetreiben daraufhin die Runde, anschließend berauschte sich die grün-weiße Fangemeinde am Dauerbrenner, zum insgesamt neunten Male seit 1985 nach Berlin zu fahren. Dank Hugo Almeida. In dessen linken Fuß steckt so viel Brachialgewalt wie bei kaum einem anderen Fußballprofi. „Er muss es nur noch öfter zeigen“, sagt der Bremer Vereinschef Klaus Allofs, „er hat ein Riesenpotenzial.“ Wenigstens der Riesenschuss ist beim portugiesischen Nationalspieler ab und an zu besichtigen. Obwohl Almeida bereits im Sommer 2006 quasi als Anhängsel des Diego-Transfers mit vom FC Porto zum SV Werder Bremen wechselte, weiß man bis heute nicht, wie stark dieser eher schüchterne Mann wirklich ist. Immerhin 46 Pflichtspieltore stehen seitdem in der persönlichen Bilanz – davon erzielte er rund die Hälfte mit dem (linken) Bein.

Doch seit Claudio Pizarro wieder für Werder Bremen stürmt und Marko Marin neben oder hinter ihm dribbelt, ist eigentlich kein Platz für Hugo Almeida, auch wenn der sein früheres Kampfgewicht von 93 Kilogramm gehörig reduziert hat. „Es liegt allein an Hugo“, sagt Allofs. „Das Pokal-Halbfinale ist für uns fast schon Normalität“, sagte der 53-Jährige angesichts der Tatsache, dass die Bremer bereits zum 20. Mal das Semifinale des DFB-Pokals erreichten.

Gleichwohl ist die Norm auch mehr denn je Pflicht für die Hanseaten, deren opulentes Gehaltsvolumen von gemutmaßten 48 Millionen Euro nur über internationale Zusatzeinnahmen zu refinanzieren ist. Laut Aufsichtsratschef Willi Lemke wäre ein „großer Kraftakt“ nötig, um überhaupt ein zweites Jahr ohne Champions League „gerade noch mal so“ zu meistern: „Die Frage ist, ob wir uns über den DFB-Pokal oder die Bundesliga für die Europa League qualifizieren können. Das würde es ein kleines bisschen kompensieren.“ Dann, sagt Willi Lemke, ginge Werder „nicht auf die Knie“.

Irgendwie schaffen es die Bremer aber immer wieder, sich trotz zeitweise durchwachsener Leistungen in der Liga für das internationale Geschäft zu qualifizieren: Unberechenbare Launen in der Liga werden dann durch ungemeine Lust im Pokal kompensiert. Das gilt auch für den internationalen Wettbewerb. So erreichten die Bremer im vergangenen Jahr das Uefa-Cup-Finale, in dem sie Schachtjor Donezk unterlagen. Aktuell steht Werder im Achtelfinale der Europa League, wo der Gegner Twente Enschede heißt.

Nationalspieler Per Mertesacker sinnierte nach dem Spiel darüber, was der Beweis von Werders Winterfestigkeit im DFB-Pokal wert war und wie so etwas für eine Alltagsaufgabe am Samstag bei Hannover 96 genutzt werden könnte. Seine heldenhafte Idee: „Vielleicht sollten wir die Bundesliga auch zu K.-o.-Spielen machen.“

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