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Sport: Lehrstunde für den Meister

Beim 79:86 gegen den Tabellenführer Bonn muss Alba Berlin erkennen, dass die Mannschaft noch nicht zusammengewachsen ist

Berlin. Alexandar Nadjfeji hatte auf dem Parkettboden etwas so Bedeutsames gefunden, dass er es aufhob und aufgeregt dem Schiedsrichter hintertrug. Das Basketballspiel war bereits wieder im Gange, weshalb der Flügelspieler der Telekom Baskets Bonn bis zur Mittellinie rennen musste, um dem Unparteiischen sein Fundstück vorzulegen. Dieser konnte den Gegenstand für ein paar Sekunden nicht richtig einordnen. Erst als Blut in Nadjfejis Mund schoss, wurde dem Schiedsrichter klar: Dort hätte der Zahn hingehört. Bonns Trainer Predrag Krunic kommentierte die Szene lakonisch. „Er hat einen Ellenbogencheck auf den Zahn bekommen – nun hat er keinen mehr.“

Vielleicht sind solche Szenen einfach nicht ausgeschlossen, wenn Alba Berlin gegen die Telekom Baskets Bonn spielt. Bei der 79:86 (44:48)-Niederlage der Berliner deutete sich an, dass die Rivalität in dieser Saison zwischen beiden Teams wächst. Die intensiv geführte Partie dürfte nicht das letzte Aufeinandertreffen dieser Mannschaften gewesen sein. Beide Teams scheinen die stärksten Bundesligateams in dieser Saison zu sein.

Bonn festigte durch den Erfolg im Spitzenspiel vier Spieltage vor dem Ende der Punkterunde den ersten Platz, der in den Play-offs Heimvorteil bis zum Endspiel bedeutet. Der amtierende Deutsche Meister hingegen muss sich mit Platz zwei bescheiden. Zwei Punkte fehlen den Berlinern auf den Tabellenführer. Nach der zweiten Niederlage gegen Bonn spricht auch der direkte Vergleich für die Rheinländer. „Wir fangen jetzt nicht an zu rechnen, wie wir noch Erster werden können“, sagte Albas Aufbauspieler Mithat Demirel. Trainer Mutapcic erklärte, dass man noch kämpfen wolle, aber vorrangig etwas anderes sei. „Wir müssen unser Spiel verbessern.“

Die Niederlage im Spitzenspiel zeigte den Berlinern zwei Probleme auf. Zum einen ist da das erste Viertel, das Alba hoch verlor. Dem 15:30-Rückstand nach zehn Minuten lief Alba lange Zeit hinterher. „Da haben wir dann viel Kraft investiert“, sagte Demirel. Bonns exzellenter Distanzwerfer Brad Traina, der insgesamt auf 22 Punkte kam, hatte Alba Berlin mit drei getroffenen Dreipunktewürfe im ersten Viertel große Sorgen bereitet. „30 Punkte in zehn Minuten, das ist zu viel“, sagte Stefano Garris, der wegen einer Handverletzung nicht spielen konnte. „Wenn man das hochrechnet, sind das 120 Punkte.“ Auch der Trainer wundert sich über die schwache Verteidigung im ersten Abschnitt. „Das ist nicht das erste Mal, dass wir schlecht starten, das war gegen Braunschweig und Würzburg auch so.“ Woran das liegt, weiß Mutapcic nicht, nur so viel: „Wir müssen dieses Problem lösen.“

Der zweite Grund ist das verbesserungswürdige Zusammenspiel. Alba lebte in der Offensive von 29 Punkten und zehn Rebounds des überragenden Centerspielers Jovo Stanojevic. Im letzten Viertel hatte sich Bonn auf den Jugoslawen etwas besser eingestellt, und verteidigte gegen ihn jedes Mal, wenn er den Ball bekam, mit zwei Mann. Vladimir Petrovic, der stark begonnen hatte und mit zwölf Punkten zweitbester Werfer bei Alba war, verfehlte in dieser Phase mit seinen drei Dreipunktewürfen das Ziel.

„Wir haben in den Spielen zuvor als Mannschaft gut gespielt“, sagte Demirel, „aber diesmal haben wir uns, als es eng wurde, extrem in Einzelaktionen verzettelt.“ So vergab Aufbauspieler DeJuan Collins in der entscheidenden Phase zwei Korbleger und übersah dabei besser postierte Spieler. Der US-Amerikaner blieb mit neun Punkten und einer Wurfquote von zehn Prozent schwach. Trainer Mutapcic ließ ihn 27 Minuten spielen, dennoch ärgerte sich Collins, als er kurzzeitig ausgewechselt wurde.

Nationalspieler Marko Pesic, der nur fünf Punkte erzielte, monierte auch das Mannschaftsspiel. „Marco Baldi hat vor der Saison keinen Spieler geholt, der wie Wendell Alexis immer 20 Punkte macht“, sagte der Nationalspieler, „dafür müssen wir als Mannschaft auftreten, aber das schaffen wir im Moment nicht.“

Alba verlor erstmals nach sechs Siegen in Folge. „Eine Krise ist das nicht, wir haben lediglich ein Spiel verloren“, sagte Stefano Garris. „Die Nummer eins im Land sind wir“, sangen die Bonner Fans. Das mag für den Moment stimmen, doch entschieden wird das erst im Endspiel. Bonn ist ein Anwärter auf den Titel, doch als einzigen Rivalen möchte Demirel die Bonner nicht sehen. „Wir haben in der letzten Saison gesehen, was in den Play-offs noch alles passieren kann.“ Zweimal verlor Alba in dieser Saison gegen Bonn. Ein psychologischer Nachteil? „Nein“, sagt Garris und führt die Gesamtstatistik an. „Von 29 Spielen gegen Bonn haben wir 20 gewonnen.“

Bei Nadjfeji hatte das Spiel auch nur kurzzeitig Wirkung gezeigt. Nach einer Behandlungspause marschierte er mit einer deutlich sichtbaren Zahnlücke wieder auf das Parkett. Centerkollege Aleksandar Radojevic hatte ihm noch seinen Mundschutz angeboten. Nadjfeji verzichtete dankend. Es war ja schon passiert.

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