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Clemens Prokop, 58, führt seit 2001 den Deutschen Leichtathletik-Verband. Er gehörte mehreren Anti-Doping-Kommissionen an. Der Jurist ist Direktor des Amtsgerichts Regensburg.

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Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop über Doping und Wahlen: „Kritik von Robert Harting? Ich musste laut lachen“

Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, spricht im Interview über die Kritik von Robert Harting, Dopingbekämpfung und die Präsidentenwahl des Weltverbandes.

Herr Prokop, Robert Harting hat gerade angeboten, seine Blutwerte zu veröffentlichen, um mehr Transparenz in der Dopingbekämpfung herzustellen. Was halten Sie davon?

Transparenz finde ich immer gut. Aber Blutwerte bedürfen der Interpretation und die meisten Nichtfachleute dürften damit überfordert sein. Und am Fall Claudia Pechstein lässt sich sehen, wie schwierig es ist, von bestimmten Blutwerten Rückschlüsse auf Doping oder Nicht-Doping zu ziehen.

Als Berichte in der ARD und in der „Sunday Times“ einen weiteren Dopingskandal in der Leichtathletik nahelegten, hat Harting Ihnen vorgeworfen, rhetorisch untergegangen zu sein.

Meine Stellungnahme zu den Dopingvorwürfen beziehungsweise meine Forderung nach Aufklärung deckte sich im Wesentlichen mit der der Nationalen Anti-Doping-Agentur, der Nada. Insofern bin ich an der Seite der Nada untergegangen (lacht).

Und Harting zum Dritten: Er hielt Ihnen noch vor, aus dem Vip-Zelt könne man den Sport nicht führen.

Als ich das gehört habe, musste ich lachen. Weil ich als Athlet genauso gedacht habe wie Robert Harting. Da wollte ich auch nur meinen Sport machen und wusste nicht, wofür man eigentlich Ehrenamtliche braucht. Inzwischen weiß ich, dass ich damals ziemlich ahnungslos war, wie komplex die Zusammenhänge im Sport sind und wie wenig ohne den Idealismus von Ehrenamtlichen laufen würde.

Wer wird denn am Mittwoch in Peking der nächste Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF), Sergej Bubka oder Sebastian Coe?

Die Frage wollte ich Ihnen gerade stellen (lacht). Offensichtlich sind die Kandidaten beide sehr zuversichtlich. Coe gilt aber als Favorit.

Und für wen ist der Deutsche Leichtathletik-Verband?

Wir haben uns für Sebastian Coe ausgesprochen. Auf jeden Fall aber beginnt eine neue Ära.

Sind Sie erleichtert, dass Lamine Diack als Präsident aufhört?

Er hat seine Amtszeit geprägt. Dazu will ich eigentlich nicht mehr sagen, sondern den Blick nach vorne richten. Es wird und muss jetzt bestimmt einiges passieren, was Veränderungen bewirkt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Prokop seine eigenen Wahl-Chancen sieht.

Clemens Prokop, 58, führt seit 2001 den Deutschen Leichtathletik-Verband. Er gehörte mehreren Anti-Doping-Kommissionen an. Der Jurist ist Direktor des Amtsgerichts Regensburg.
Clemens Prokop, 58, führt seit 2001 den Deutschen Leichtathletik-Verband. Er gehörte mehreren Anti-Doping-Kommissionen an. Der Jurist ist Direktor des Amtsgerichts Regensburg.

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Diack hat Sie immerhin einmal gelobt, als er sagte, der Deutsche Leichtathletik-Verband sei der Verband, der Doping am intensivsten bekämpfe.

Das betrachte ich als Würdigung unserer Arbeit.

Was müsste denn auf internationaler Ebene geschehen, um bei der Dopingbekämpfung weiterzukommen?

Da ist noch eine ganze Menge zu tun. Man muss erst einmal einsehen, dass das Engagement gegen Doping genauso groß sein muss wie das Engagement für Leistung im Sport. Da muss sich der internationale Verband noch steigern. Ich bin persönlich auch dafür, dass der Anti-Doping-Kampf auf der Weltebene ebenso ausgegliedert wird wie bei uns auf der nationalen Ebene. Da führt die Nationale Anti-Doping-Agentur alle Kontrollen und das Ergebnismanagement durch, nicht wir als Verband.

Sollte also die Welt-Anti-Doping-Agentur, die Wada, das für die internationale Leichtathletik übernehmen?

Nicht zwangsläufig. Man könnte auch eine eigene Organisation dafür gründen. Zumal die IAAF schon jetzt mehr in der Leichtathletik tut als die Wada und ein Testprogramm für die weltbesten Athleten durchführt. Das könnte die Wada mit den jetzigen Mitteln gar nicht leisten. In Deutschland haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, das Kontrollprogramm unabhängig von unserem Verband durchführen zu lassen.

Sie treten selbst zur Wahl für den Council der IAAF an. Werden Sie dabei vor allem auf die Dopingbekämpfung setzen?

Da habe ich sicher Kompetenz und Expertise vorzuweisen. Aber es geht für die Leichtathletik um noch weit mehr. Wir haben in Deutschland eine Verbindung von klassischer Leichtathletik im Stadion und neuer Leichtathletik in den Stadtzentren geschaffen, wie etwa bei „Berlin fliegt“ vor dem Brandenburger Tor. Auch das will ich einbringen.

Und wie sehen Sie Ihre Chancen?

Bei 50 zu 50. Ich höre hier in Peking oft heraus, dass der Einfluss Europas in der Leichtathletik von den anderen Kontinentalvertretern zurückgedrängt werden soll. Deshalb wird es sehr schwer für mich.
Clemens Prokop, 58, führt seit 2001 den Deutschen Leichtathletik-Verband. Er gehörte mehreren Anti-Doping-Kommissionen an. Der Jurist ist Direktor des Amtsgerichts Regensburg.

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