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Viel Glanz. Diskus-Weltmeister Robert Harting (r.) mit Silbermedalliengewinner Piotr Malachowski.

© dpa

Leichtathletik-WM: Das Gold und der Zweifel

Der Glanz der Sieger hat bei der WM in Moskau viele Dinge in den Hintergrund gerückt. Unser Autor hat gemischte Gefühle angesichts deutscher Erfolge.

Von Christian Hönicke

Auch am Sonntag gab es wieder Gold für Deutschland. Am Schlusstag der Leichtathletik-WM warf Christina Obergföll den Speer am weitesten. Sie jubelte und sprang durchs Stadion, und die Frage stellte sich: Darf man mit ihr jubeln? Denn nicht nur die Leistungen des Übersprinters Bolt rufen hochgezogene Augenbrauen hervor. Auch der ziemlich erfolgreiche Auftritt der deutschen Leichtathleten ist durchaus nicht frei von Zweifeln.

Klare Bekenntnisse gegen Doping jedenfalls sind im deutschen Lager nicht so selbstverständlich, wie sie es sein sollten. Christina Obergföll etwa gehörte im Jahr 2009 zu den Unterzeichnerinnen des kontroversen Protestbriefs, in dem deutsche Sportler die Weiterbeschäftigung Werner Goldmanns forderten. Der Trainer hatte seine aktive Rolle im Dopingsystem der DDR lange geleugnet und erst auf großen Druck hin eingeräumt, was nicht mehr abzustreiten war. Inzwischen ist Goldmann in Leichtathletik-Kreisen offenbar vollständig rehabilitiert – er durfte in Moskau ganz offiziell über die Goldmedaille seines Schützlings Robert Harting jubeln.

Derart unaufgearbeitete Personalien und auch die Affäre um die Studie „Doping in Deutschland“ zeigen, dass weiterhin eine fragwürdige Verschleierungsmentalität im deutschen Sport vorherrscht. Und auch der größte Star der deutschen Leichtathletik hat sich bislang nicht als Dopingbekämpfer profiliert. Stattdessen hat Robert Harting schon mal die Freigabe des Dopings gefordert oder sich despektierlich zur Arbeit des Vereins Doping-Opfer-Hilfe geäußert. Der Glanz des Erfolgs hat diese Dinge in den Hintergrund gerückt, doch vergessen sind sie nicht. Auch deswegen rufen deutsche Erfolge gemischte Gefühle hervor. Freude ja – doch für hemmungslosen Jubel besteht derzeit kein Anlass.

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