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Sport: Leichtathletik-WM: Im Sprint zum Marathon-Gold

Dieser Marathon war vielleicht Gold wert. Nicht nur für den Sieger Gezahegne Abera, sondern für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Edmonton insgesamt.

Dieser Marathon war vielleicht Gold wert. Nicht nur für den Sieger Gezahegne Abera, sondern für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Edmonton insgesamt. Genau das hatten die Titelkämpfe nämlich gebraucht, um die kanadischen Zuschauer zu begeistern und von der Spannung der Leichtathletik zu überzeugen: ein Sprintfinish im Marathon. Das hatte es bei einer Weltmeisterschaft nie zuvor gegeben. Und es ist in dieser Art sogar einzigartig bei internationalen Titelkämpfen gewesen. Nicht einmal die mit Tragödien, Triumphen und Kuriosa reich bestückte Geschichte des olympischen Marathonlaufes hat Derartiges zu bieten.

Im Stile von 800-m-Läufern rannten der Olympiasieger Gezahegne Abera und der Sieger des Berlin-Marathons vom vergangenen Jahr, Simon Biwott, ins voll besetzte Commonwealth-Stadion. Der Äthiopier und der Kenianer, die die beiden stärksten Langstrecken-Nationen der Welt repräsentierten, lieferten sich einen unglaublichen Sprintkampf auf den letzten 350 Metern. Biwott lief einen Schritt vor Abera in die Arena, auf der Gegengerade schob sich der Äthiopier heran, aber noch nicht vorbei. Das gelang ihm erst in der letzten Kurve. 100 Meter vor dem Ziel sprach alles für Abera, doch 50 Meter vor dem Ziel verringerte sich sein Vorsprung von wenigen Metern plötzlich wieder. Aber es reichte nicht mehr für Simon Biwott. Abera gewann mit einer Sekunde Vorsprung in 2:12:42 Stunden.

"Ich habe alles versucht, aber er war so stark, dass ich ihm nichts mehr entgegensetzen konnte", erzählte Simon Biwott später. "Als ich ins Stadion einlief, wollte ich Gold gewinnen - aber ich war dann auch sehr glücklich über die Silbermedaille." Der erst 23 Jahre alte Gezahegne Abera, der als erster Marathonläufer nach dem Olympiasieg auch den WM-Titel gewann, war sich seiner Sache dagegen sicher. "Als ich ins Stadion kam, wusste ich, dass ich gewinnen würde, denn ich habe einen sehr starken Sprint. Das war ein wirklich schönes Rennen für mich", sagte der Äthiopier, der in diesem Jahr beim Boston-Marathon lediglich den 16. Platz belegt hatte.

"Wir respektieren uns, wir sind Nachbarn", antwortete Simon Biwott auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen den Kenianern und den Äthiopiern. "Und wenn wir uns treffen, gibt es immer einen großen Wettkampf." Spektakuläre Zweikämpfe zwischen Kenianern und Äthiopiern könnte es in Edmonton in der nächsten Woche noch öfter geben. Für Biwott war eine Sprintentscheidung im Prinzip nichts Neues. "Ich habe auch meine letzten beiden Marathonläufe in Berlin und Paris mit einem langen Spurt gewonnen, aber dies hier war das härteste Rennen meines Lebens", sagte Biwott. Fünf Sekunden Vorsprung hatte er in Berlin im vergangenen September, und in Paris war sein Landsmann David Kirui sogar zeitgleich Zweiter. Bei den großen City-Marathonläufen hat es schon manches Mal so knappe Entscheidungen wie jetzt in Edmonton gegeben. Die Kenianerin Joyce Chepchumba gewann beispielsweise 1997 den London-Marathon mit einer Sekunde Vorsprung vor der Britin Liz McColgan.

Auf der schweren Strecke kreuz und quer durch Edmonton war im Laufe des Rennens eine ganze Reihe von Weltklasseläufern gescheitert. Während die zurzeit nicht einmal drittklassigen deutschen Langstreckenläufer gar nicht erst am Start waren, kam in der Hitze von Edmonton auch der Weltrekordler Khalid Khannouchi nicht ins Ziel. Bei seinem ersten Start für die USA musste der gebürtige Marokkaner schon nach gut 25 Kilometern aufgeben. Vor dem Lauf hatte Khannouchi über Probleme mit seinem Rücken geklagt.

Eine gute halbe Stunde nach dem Sprintduell von Gezahegne Abera und Simon Biwott wurde es im Stadion dann noch einmal so laut, als schien es um Medaillen zu gehen. Doch die Zuschauer feierten lediglich die beiden letzten Läufer dieses denkwürdigen Marathons: zwei Kanadier.

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