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Sport: Leiden ohne Leidenschaft

Warum sich der FC Bayern nicht mehr versteht

Der Weg in die Krise: Der FC Bayern München hat doch kein Sieger-Gen – hat es aber zu spät bemerkt. Jahrelang hat die Klubführung wiederholt, dass der Klub mit den Großen Europas finanziell nicht mithalte. Die Bundesliga aber schien sicheres Terrain. Nun können die Bayern auch mit Stuttgart, Schalke und Bremen kaum mithalten – die haben modernere Ideen, besser abgestimmte Kader. Lizarazu, Jeremies, Zé Roberto und Ballack sind vor der Saison ausgeschieden. Manager Uli Hoeneß sagte damals, das Erreichen von Platz drei wäre ein Erfolg. Dass er offenbar nicht damit gerechnet hatte, wirklich Recht zu haben, hat einen Einschlag von Fahrlässigkeit.

Der Trainer: Drei Spiele und zwei Niederlagen: Nach Ottmar Hitzfelds Rückkehr sind es nur vier Punkte bis zu Platz 6. In Worten: UI-Cup. Doch Hitzfeld kann wenig dafür. Er trainiert Taktik, Raumaufteilung und einfachste Spielzüge. Was ihm zufolge fehlt, sind „immer noch zehn Prozent absolute Leidenschaft und Willensstärke“. Doch Hitzfelds Nachfolge ist offen. Die Mannschaft spielt dazu passend: wie ein Provisorium zur Überbrückung, nicht zur Lösung der Krise.

Die Schwächen des Teams: Das Problem liegt hinten, in der Mitte, vorne, vor allem aber dazwischen. Die Bindung fehlt. Tore fallen, wie gegen Bielefeld, wenn ein langer Ball mal Makaay erreicht. Die Abwehr könnte sich mit einem solchen Pass aber leicht aushebeln, in Dortmund und Nürnberg stand sie bei Gegentoren schlicht falsch. Im Mittelfeld fehlt Zé Roberto, der ein Spiel schnell macht, ebenso Ballack. Hatte der einen schlechten Tag, trug er dennoch die Verantwortung, Mitspieler wie Schweinsteiger konnten ohne Druck agieren. Ballack bekam die Bälle, wenn andere nicht weiter wussten. Derzeit ist das Team kopflos.

Die Stärken : Nachdem die Münchner 2004 in Madrid ausgeschieden waren, hatte Schweinsteiger gesagt: „Ich bin sauer, aber hier komme ich wieder hin, dann gewinnen wir.“ Warum auch nicht? Bundesligaspiele lassen nicht zwangsläufig Rückschlüsse auf Europapokalspiele zu. In der Champions League haben die Bayern in diesem Jahr durchaus überzeugt. Eine Stärke der Bayern könnte sein, dass sie ein Erfolgserlebnis brauchen. „Was gibt es Schöneres“, sagt Hitzfeld, „als das bei Real Madrid zu holen“. Real kommt nicht nur zur schlechtesten, sondern auch zur besten Zeit.

Das Saisonziel : Man spricht in München nur noch von der Qualifikation für die Champions League. Wenigstens die aber wird als Pflicht betrachtet. „Nichts gegen den Uefa-Cup“, sagt Oliver Kahn, „vielleicht gibt es jemanden, der da gerne spielen möchte – aber ich nicht“. Ein Misserfolg in diesem hätte Folgen für das nächste Jahr. Welcher Star, der kommen soll, spielt schon gern im – so Franz Beckenbauer – „Cup der Verlierer“?

Klaus Raab[München]

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