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Sport: Leverkusen vs. SC Freiburg: Abgelenkt durch nationalen Auftrag

Ein Hauch von Wehmut wehte durch das Dreisamstadion. Wunderkerzen brannten.

Ein Hauch von Wehmut wehte durch das Dreisamstadion. Wunderkerzen brannten. Im Fanblock entrollten sie Transparente mit der Aufschrift "Danke Rudi", und sie warfen Roland Koch in die Luft. Der frühere Assistent von Leverkusens früherem Trainer Christoph Daum muss bei Bayer gehen, weil nächsten Dienstag der neue Chef Berti Vogts mit seinem neuen Trainerstab die Arbeit aufnimmt.

Bayer Leverkusen bastelt an der Zukunft. Die Trümmer nach Daum und der Drogenaffäre müssen so schnell wie möglich auf die Mülldeponie. Das geht am besten mit neuen, unschuldigen Gesichtern. Heute aber war Rudi-Tag in Freiburg. Überall wünschten sie dem Teamchef der Nationalmannschaft Glück, aus dem Nichts tätschelten ihn Hände auf den Schultern, sie umarmten und küssten ihn.

Wie einen Volkshelden begrüßten die 25 500 Zuschauer den Ex-Weltklassestürmer, genannt Tante Käthe. Ein Teppich aus Applaus begleitete ihn auf die Trainerbank an seinem letzten Arbeitstag als Trainer bei Bayer Leverkusen. "Ich wünsche mir, dass wir so lange wie möglich kein Länderspiel verlieren", hauchte selbst Volker Finke ergriffen. Dabei hatte der SC Freiburg gerade ein wichtiges Heimspiel mit 0:1 verloren und sich den Abstiegsplätzen wieder gefährlich genähert. Aber es gibt wichtigere Dinge als die Bundesliga und eigene Abstiegsangst.

Seit Völler lieben die Deutschen ihre Nationalelf wieder. Die neu gewonnene Zuneigung macht auch vor Fußballehrern nicht Halt. "Danke, Volker", hauchte Völler zurück. Und er lächelte. Am Spiel kann die gute Stimmung nicht gelegen haben. Es war kein gutes. Und wenn es diese Abseitsregel nicht gäbe, sie hätten wohl nicht einmal drüber streiten können, so farblos und langweilig war es. So aber erreichte der Ball in der 62. Minute Oliver Neuville, der traf nur den Pfosten, und Carsten Ramelow schoss den Ball im zweiten Versuch ins Netz. Auch ein kollektiver Abseitsschrei konnte Schiedsrichter Franz-Xaver Wack nicht umstimmen. Völler: "Vielleicht war Ze Roberto ein bisschen abseits." Wack blieb dabei. Tor für Leverkusen. "Was soll ich als Trainer der Mannschaft sagen, die dieses Tor geschossen hat?", fragte Völler mit seinem typischen Charme zurück. "Mir fällt das schwer, das zu kommentieren", sagte Finke und lächelte rüber zu Rudi Völler. "Es gibt überhaupt nichts rumzujammern".

Finke lag richtig. Leverkusen war trotz der Last der Vergangenheit die bessere Mannschaft, Freiburg erschreckend schwach. "Rudi hat es geschafft, all das von der Mannschaft fernzuhalten", sagte Leverkusens Finanzchef Wolfgang Holzhäuser. Und Völler, der keines seiner sieben Spiele mit Leverkusen verlor, dankte Daum. "Die Arbeit, die er geleistet hat, hat diese Erfolge erst möglich gemacht." Nun sind die Leverkusener wieder oben dabei. Da konnte es sich Berti Vogts leisten, lieber in Argentinien nach neuen Spielern zu suchen, statt zuzuschauen. "Ich bin nicht traurig", meinte Völler. "Ich nehme viele positive Dinge mit." Jetzt lächelte auch er. Er schaute sich langsam um. "Es war eine gute Erfahrung, diese tägliche Arbeit", sagte Völler. Dann ging er. Das Flugzeug wartete. Ab Colmar zurück nach Leverkusen. Unterwegs noch telefonieren mit Michael Skibbe, seinem Assistenten bei der Nationalmannschaft. "Mein erster Gedanke ist nun, dass sich nicht noch mehr verletzt haben für das Testspiel gegen Dänemark." In dem Moment war alles andere vergessen. Die Nöte des SC Freiburg, die Erfolge von Leverkusen - Rudi war wieder beim nationalen Auftrag. Und eigentlich waren das alle anderen im Stadion auch.

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