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Sport: Lieber feiern als spielen

Die Brasilianer genießen ein schmeichelhaftes 2:0

München - Nach einer Viertelstunde geraten die bis dahin statischen Dinge in Bewegung. Maradona kommt. Eingerahmt von Leibwächtern zwängt er sich auf einen Platz in der Münchner WM-Arena, gut zwanzig Meter entfernt von der Stelle, wo Ronaldinho gerade einen Freistoß ausführt. Keiner guckt auf den Rasen, jeder schaut auf Maradona, der Freistoß findet dann auch zielsicher ein australisches Abwehrbein. Am Ende gewinnt der Weltmeister mit viel Mühe 2:0 (0:0) gegen den Ozeanienmeister. Wie schon beim 1:0 zum Auftakt gegen Kroatien bleiben die Brasilianer vieles, nein, alles schuldig. Diego Maradona wird seinen argentinischen Landsleuten Beängstigendes über die Form des alten Rivalen erzählt haben.

Es wird den Brasilianern nicht leicht fallen, Erfreuliches aus diesem Spiel zu ziehen, obwohl sie sich schon fürs Achtelfinale qualifiziert haben. Da war keine Fantasie, keine überraschende Lösung für das Problem, das eine vielbeinige Abwehr wie die australische einem Favoriten nun einmal aufgibt. „Wir haben hart gearbeitet, und ich bin mir sicher, dass es im nächsten Spiel gegen Japan schon besser aussehen wird“, sagte Trainer Carlos Alberto Parreira. Vielleicht hat er sich darüber gefreut, dass Ronaldo nicht ganz so schlecht gespielt hat wie gegen Kroatien. Wieder sind ihm ein paar Bälle vom Fuß gesprungen, wieder hat er kein Tor erzielt, aber in München war der Weltstar immerhin Teil der Mannschaft. Er ist mehr gelaufen, hat sich ein paar Chancen erspielt und das erlösende 1:0 vorbereitet. Das war kurz nach der Halbzeitpause, als Ronaldo von Ronaldinho den Ball bekam, ein paar Mal mit dem Hintern wackelte und quer auf Adriano passte. Der machte noch einen Schritt nach rechts und schlug den Ball vom Kreidestrich des Strafraums ins rechte untere Eck.

In das Feiern dieses Tores steckten die Brasilianer mehr Liebe als in ihre Aktionen auf dem Rasen. Alle versammelten sie sich an der Seitenlinie vor der Mannschaftsbank, und es fiel auf, dass Ronaldo mit sehr viel mehr Zuneigung bedacht wurde als der Torschütze. Dieses therapeutische Experiment mochte Trainer Parreira nicht fortführen. Wie gegen Kroatien durfte Ronaldo nicht bis zum Ende mitspielen. Nach 72 Minuten war Schluss. Widerwillig schlug Ronaldo in die ausgestreckte Hand seines Trainers.

In der letzten halben Stunde, man wagt es kaum zu formulieren, hatte der Weltmeister sogar eine Abwehrschlacht zu überstehen. Wann hat eine brasilianische Nationalmannschaft zuletzt so viele Chancen zugelassen gegen eine Mannschaft auf dem Niveau Australiens? Torhüter Dida verirrte sich mit seinen langen Armen im Gesicht von Mark Viduka und ließ den Ball auf Harry Kewell prallen. Der hatte mit so viel Großzügigkeit nicht gerechnet und schoss weit über das leere Tor. Später hatte Kewell Pech mit einem etwas zu hoch angesetzten Fernschuss. Marco Bresciano legte sich waagrecht in die Luft des brasilianischen Strafraums und zwang Dida zu einer Glanzparade. Und vier Minuten vor Schluss überlistete Viduka den Torhüter mit einem Heber – der Ball flog so knapp über die Latte, dass er auf dem Tornetz landete.

Als der gerade eingewechselte Fred kurz vor Schluss der Partie das 2:0 schoss, war Maradona schon wieder weg. Auf ein möglicherweise provozierend wirkendes Argentinien-Trikot hatte er diesmal verzichtet.

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