zum Hauptinhalt

Sport: Lieber heute vorn als morgen Dritter

Heinz Wewering meldet Primavera für das Stutenderby am Samstag statt für das Traberderby am Sonntag

Berlin - Die Organisatoren waren völlig überrascht. Als am vergangenen Dienstag die Startplätze für das Hauptereignis der Derby-Woche auf der Trabrennbahn Mariendorf ausgelost wurden, fehlte ein prominenter Name im Lostopf, der von Primavera. Heinz Wewering hatte die dreijährige Stute gar nicht für das Deutsche Traberderby am Sonntag (13 Uhr) gemeldet, sondern nur noch für das heute stattfindende Arthur-Knauer-Rennen (Beginn des Renntages ebenfalls um 13 Uhr). Ein Klassiker zwar, der mit einer satten Dotation verbunden ist: Insgesamt 145 000 Euro Preisgeld werden im Knauer-Rennen verteilt, das auch als Stutenderby bezeichnet wird. Nur der sportliche Wert ist eher gering, verglichen mit dem Hauptderby, bei dem am Sonntag auch Hengste und Wallache an den Start gehen.

Wenn Heinz Wewering bisher über die dreijährige Stute Primavera vom renommierten westfälischen Trabergestüt November sprach, dann schwärmte er stets von ihren Qualitäten. „Primavera ist absolut zuverlässig, das ist ihre Trumpfkarte“, sagte der zweimalige Weltmeister aus Castrop-Rauxel, der in seiner phänomenalen Karriere bisher 15 706 Mal als Sieger über die Ziellinie fuhr. Die Bilanz der nobel gezüchteten Stute scheint sein Urteil zu bestätigen: Primavera bestritt bisher zwölf Rennen, von denen die Braune genau die Hälfte gewann. Weitere vier Mal lief sie auf den zweiten Platz. Eine absolute Beständigkeit also, die nur durch einen einzigen, winzigen Ausfall geschmälert wird: Im Oktober letzten Jahres erlaubte sich Primavera ein paar verbotene Galoppsprünge und wurde disqualifiziert. Doch damals saß nicht der siegreichste Trabrennfahrer aller Zeiten, sondern sein Sohn Oliver im Sulky der prominenten Pferdedame.

Auf der Trabrennbahn Mariendorf hat Primavera Anfang Juli das Buddenbrock-Rennen gewonnen, eine der wichtigsten Vorprüfungen für das 110. Derby an diesem Sonntag. Doch bei der Generalprobe für das bedeutendste deutsche Trabrennen konnte sie nicht hundertprozentig überzeugen. Vor 14 Tagen trabte die Stute beim Großen Preis von Nordrhein-Westfalen nur auf den dritten Rang, ihre bisher schlechteste Platzierung. Trotz eines idealen Rennverlaufs konnte sie den vom Start weg führenden Hengst Unforgettable mit seinem holländischen Trainer Arnold Mollema zu keinem Zeitpunkt gefährden. Mit fast vier Längen Rückstand auf den Sieger fiel die Niederlage deutlich aus.

Dennoch wurde Primavera weiter als Mitfavoritin für das Derby am Sonntag gehandelt, das inklusive der Vorläufe mit 430 581 Euro dotiert ist. Nun bringt Wewering im Hauptderby aber Primaveras Boxennachbarin Playgirl November an den Start, ein Pferd, das eher schwächer einzustufen ist. Möglicherweise spürt Wewering, dass sein eigentlicher Star das 110. Derby nicht gewinnen kann. Dann wäre die Taktik auf den ersten Blick richtig, denn der Sieg im vermutlich leichteren Knauer-Rennen ist höher dotiert als ein hypothetischer dritter Platz im Hauptderby.

Nur Primavera selbst könnte Heinz Wewerings Poker noch platzen lassen: Denn für ein Pferd, dessen Formkurve kippt, gibt es eigentlich gar keine leichten Rennen.

Heiko Lingk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false