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Sport: Liebeskummer und Mutterglück

Australian Open: Das Privatleben spielt bei den Favoritinnen Serena Williams und Lindsay Davenport mit

Fast menschenleer ist es im Melbourne Park, als Serena Williams gegen acht Uhr morgens den Trainingsplatz betritt. Die Sonne strahlt bereits über der Tennisanlage, doch um diese Zeit ist die Hitze in der australischen Stadt noch erträglich. Unter den wachsamen Augen ihrer Mutter und Trainerin Oracene schlägt die US-Amerikanerin die Bälle über das Netz. Sie macht einen fitten Eindruck, wirkt auch schmaler und völlig austrainiert. Keine Selbstverständlichkeit bei Williams, die in den vergangenen Jahren mit langwierigen Verletzungen und Gewichtsproblemen zu kämpfen hatte. Auf Weltranglisten-Platz 81 lag sie, als sie 2007 in Melbourne anreiste, und doch triumphierte die 26-Jährige zum dritten Mal bei den Australian Open. Den Sieg widmete sie damals unter Tränen ihrer Halbschwester Yetunde Price, die 2003 in Los Angeles erschossen worden war.

Serena Williams arbeitet konzentriert während ihrer morgendlichen Trainingseinheit, doch in den Pausen lacht sie viel. Dabei musste sie offenbar erneut einen emotionalen Tiefschlag verkraften, wie sie auf ihrer Webseite detailliert schrieb: Ihr Freund habe ihr im Herbst das Herz gebrochen. Vertraut habe sie ihm, ihn habe sie geliebt wie keinen Mann zuvor, schreibt sie dort im Tagebuch-Stil eines Teenagers. „Die Tränen lindern ein wenig den Schmerz, aber er sticht trotzdem bis in meine Seele“, beschreibt sie ihre verletzten Gefühle, nachdem ihr Freund einfach aufgehört habe, sie anzurufen. Der US-Schauspieler Jackie Long war 2007 der letzte offizielle Gefährte an ihrer Seite.

Ein befremdliches Gefühl hinterlassen die sehr intimen Zeilen von Serena Williams, die ansonsten ihr Privatleben stets mit aller Macht unter Verschluss hält. Doch als eine Meisterin der Selbstinszenierung steckt hinter jedem ihrer Schritte meist eine kalkulierte Absicht. Und so scheint sie den Medien, die sie je nach Bedarf zu benutzen scheint, einfach ein wenig Stoff bieten zu wollen, da sie in diesem Jahr als eine der Favoritinnen in Melbourne startet. Und ihre Bekenntnisse gehen noch weiter: Das Selbsthilfebuch von Spencer Johnson „Who moved my cheese?“ („Wer stahl meinen Käse?“) habe ihr Leben nun grundlegend verändert und ihr neue Kraft gegeben. In dem simpel gestrickten Bestseller suchen zwei Mäuse nach Käse. Kritiker bemängeln das Buch als platte Lebenshilfe.

Dass sich auch Justine Henin diese umstrittene Lektüre zu Gemüte geführt hat, ist zu bezweifeln. Doch Liebeskummer zwang auch die Weltranglisten-Erste, 2007 ihr Leben umzustellen. Zu Jahresbeginn stand ihre Ehe mit Pierre-Yves Hardenne, mit dem die 25-Jährige seit November 2002 verheiratet war, kurz vor dem Ende. Sie sah sich außerstande, die Australian Open zu spielen und brauchte lange, um „wieder zu mir selbst zu finden“. Nach der Scheidung legte sie ihren Doppelnamen ab und söhnte sich mit ihrer Familie aus. „Ich bereue nichts und bin jetzt sehr glücklich mit meinem neuen Leben“, sagte die Belgierin.

Ihr strahlendes Lächeln zeigte sie bei den zehn Turnieren, die sie in der vergangenen Saison gewann. Auch die Generalprobe für Melbourne in Sydney entschied Henin am Samstag für sich. „Ich kann jetzt einfach ich selbst sein. Das merkt man mir auch auf dem Platz an“, sagte Henin zu ihrer neuen Stärke, die ihr zu ihrem zweiten Titel bei den Australian Open verhelfen soll.

Lindsay Davenport wird derzeit dagegen von ihren Muttergefühlen beflügelt. Ein Jahr hatte sie pausiert und Sohn Jagger zur Welt gebracht. Seit September ist die 31-jährige US-Amerikanerin zurück und hat bisher drei Titel in vier Turnieren gewonnen. „Ich bin für viele sicher im Moment der größte Angstgegner“, sagt Davenport selbstbewusst.

Zu Beginn ihrer Karriere wurde sie wegen ihrer Körpergröße und ihres Gewichts von Kollegen noch als „Godzilla“ verspottet. Doch nun mit Gatte und Sohn kann die dreifache Grand-Slam-Siegerin darüber lächeln. Sie muss niemandem mehr etwas beweisen. „Ich bin besser als einige Mädchen da draußen, und es ist schön, das zeigen zu können.“ Selbst Serena Williams sagt anerkennend: „Sie sieht besser aus als ich und hat vor sieben Monaten ein Kind bekommen. Ich würde da sicher noch im Krankenhaus liegen und mich vor Schmerzen winden.“

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