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Mal seh’n, was kommt. Vor dem Spiel waren die deutschen Fans im Astra

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Berlin um eins: Die Arbeit ruht, die Sonne knallt, ab jetzt macht jeder nur noch seins. 1500 Menschen warten im WM-Quartier von 11 Freunde und Tagesspiegel auf elf Jungs in Weiß und Schwarz.

Berlin um eins: Die Arbeit ruht, die Sonne knallt, ab jetzt macht jeder nur noch seins. 1500 Menschen warten im WM-Quartier von 11 Freunde und Tagesspiegel auf elf Jungs in Weiß und Schwarz. Die WM kann so schön sein. In der Luft liegt der Duft von Bier und Sonnenmilch. So muss Euphorie riechen. Draußen rüttelt eine Gruppe Angetrunkener am Zaun. Doch die Türen sind zu. Hier kommt erst mal keiner mehr rein, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Deutschland gegen Serbien. Der Sieg ist uns sicher. Männer mit zu engen Podolski-Trikots diskutieren lautstark über das Ergebnis: 3:1? 4:0? Oder doch zweistellig? Schenkelklopfen. Hohohoho. Party on, Poldi. Auf der Tribüne nascht der Grüne Christian Ströbele ein Eis am Stiel und blickt unter seinen buschigen Augenbrauen in das urbane Rund. Schön hier. Und Vuvuzelas sind verboten. Ein blondes Modelmädchen hat eine Fahne um die Hüfte und ein Schild um den Hals. Auf dem steht: »Tröööt«. Sollte auch verboten werden.

Alle Augen kleben an der Riesenleinwand und hoffen auf frische Endorphinschübe. Doch Deutschland rumpelt wie in alten Zeiten. Egal, jetzt ist hier, ist Freitag, ist WM, ist Deutschland. Die werden das schon schaukeln. Party on, Mesut?

Doch Platzverweis und Gegentor machen selbst die großen Jungs mit den engen Trikots nervös. Es hagelt im Juni. Und zwar Schimpfwörter. Die Sommermädchen knabbern an den Fingernägeln. Ein paar Bundestrainer fordern Cacau. Was ist los mit uns? Mit denen? Die Tröööt-Frau gähnt ihre Begleitung an. So macht das alles nur halb so viel Spaß. Erste Pfiffe durchschneiden die Euphorieluft.

Dann pfeift auch der Schiedsrichter auf der Leinwand. Endlich mal für uns. Elfmeter. Wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, Ströbele macht die Becker-Faust. Da sind wir wieder. Doch Sekunden später suchen irritierte Blicke nach einer Antwort. Freude und Trauer liegen manchmal eben nur elf Meter auseinander. Die Fahnen schwenken weiter, auch „Deutschland, Deutschland“ wird noch geschrien. Aber leiser als noch um eins. Gomez kommt, und die Ersten gehen. Ob die Arbeit ruft?

Aus „Lu-Lu-Lukas“ wird einfach nur noch Podolski, und der hätte sowieso niemals schießen dürfen. Wo war Schweinsteiger? Aber hier hat ja keiner nachgefragt. Abpfiff auf der Leinwand. Ein leises Pfeifkonzert davor. Die Party ist zu Ende. Oder nur aufgeschoben? Am Mittwoch geht’s weiter. Deutschland gegen Ghana. Vielleicht zweistellig? Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, also im Endspiel.Benjamin Kuhlhoff

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