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Sport: Logische Rückkehr

Sven Goldmann über Jan Ullrichs Flirt mit Telekom Cervantes nennt die Undankbarkeit eine Tochter des Stolzes. Das sagt genug über den stolzen Radhelden Jan Ullrich.

Sven Goldmann über Jan Ullrichs

Flirt mit Telekom

Cervantes nennt die Undankbarkeit eine Tochter des Stolzes. Das sagt genug über den stolzen Radhelden Jan Ullrich. In seiner schwersten Krise hat ihm das Team Bianchi eine Chance gegeben. Jetzt, da er diese Chance zu einem erstaunlichen Comeback bei der Tour de France genutzt hat, betreibt er seine Rückkehr zum Team Telekom, das ihn vor einem Jahr fallen ließ. Wie kann er nur?

So werden jene argumentieren, die nicht verstehen, dass es den besten deutschen Radfahrer wohl zurück zu seinem ehemaligen Arbeitgeber zieht. Bianchi würde diese Entscheidung hart treffen, sie könnte sogar das Aus für den Rennstall bedeuten. Das aber wäre nicht Ullrich anzulasten. Im Gegenteil, ohne ihn hätte es ein Team Bianchi gar nicht gegeben. Der italienische Radfabrikant war nur wegen des schillernden Namens Ullrich als Geldgeber eingestiegen. Das war im Frühjahr, als die Mannschaft eines überforderten Essener Textilunternehmers vor dem Bankrott stand. Ullrich hat damals einem Großteil seiner Kollegen den Job gerettet, weil er auf der Übernahme des kompletten Teams bestand. Nach jetzigem Kenntnisstand macht schon die finanzielle Lage eine weitere Zusammenarbeit unmöglich. Trotz Ullrichs öffentlicher Omnipräsenz hat Bianchi immer noch keinen Kosponsor gefunden.

Ullrichs Trennung von Telekom liegt ein Jahr zurück. Er fühlte sich als Mensch nicht ernst genommen, Telekom hatte genug von einem Kapitän, dessen große Auftritte in Nachtclubs, Polizeirevieren und Gerichtssälen stattfanden. Trotzdem wurde die Trennung nicht von Telekom, sondern von Ullrich vollzogen. Vieles deutet daraufhin, dass ihm dieser Schritt von der Teamleitung nahe gelegt wurde. Das spricht nicht unbedingt gegen den Stil im Hause Telekom.

Nach einem Jahr ist beiden Seiten bewusst, was sie aneinander haben können. Mit einer starken Mannschaft hätte Ullrich im Sommer die Tour de France vielleicht gewonnen. Telekom hat so eine Mannschaft – und spielt in der Öffentlichkeit doch keine Rolle. Was fehlt, ist ein Fahrer mit Charisma, ein Kapitän, der bei der Tour um den Gesamtsieg mitfahren können. Bei Jan Ullrich und Team Telekom wüchse wieder zusammen, was zusammen gehört.

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