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Sport: Lokalmatador Stéphane Franke scheitert mit seinen Olympiaplänen

"Es ist furchtbar, wenn man von draußen mit ansehen muss, wie er sich quält, und man nicht helfen kann." Jana Franke saß wie ein Häufchen Elend auf dem erhöhten Bordstein hinter dem Ziel und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen.

"Es ist furchtbar, wenn man von draußen mit ansehen muss, wie er sich quält, und man nicht helfen kann." Jana Franke saß wie ein Häufchen Elend auf dem erhöhten Bordstein hinter dem Ziel und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. Bis etwa 30 km hatte die Potsdamerin, eine der besten deutschen 10 000-m-Läuferinnen, per Rad erst die Spitzengruppe und dann ihren speziellen Schützling auf der Marathondistanz parallel zur Laufstrecke begleitet. Paar aufmunternde Worte hinübergeschickt, Trinkflaschen mit insgesamt zwei Litern gereicht. Und gebangt und mitgelitten. Umsonst.

Stéphane Franke, ihr Klubkollege und Trainer vom veranstaltenden SC Charlottenburg sowie zugleich ihr Ehemann, erreichte erst als 20. das Ziel. Mit 2:16:58 Stunden war er zwar bester Berliner, bester Deutscher gar - doch verfehlte er seinen Hausrekord (2:11:26) um nahezu sechs und die vom Deutschen Leichtathletik-Verband geforderte Olympianorm um 4:58 Minuten. Franke, EM-Dritter des Vorjahres über 10 000 m und wegen Verletzung bei der wM in Sevilla nicht gestartet, hatte sich wochenlang auf dieses Rennen als seinen Jahreshöhepunkt vorbereitet. Und stand am Ende mit leeren Händen da.

"Ich glaube, meine Absicht, bei den Olympischen Spielen 2000 im Marathon dabei zu sein, ist damit wohl erledigt", sagte der 35-Jährige nach Zielankunft und wirkte dabei keineswegs deprimiert. "Wahrscheinlich bin ich eher ein 10 000-m-Läufer. Da bin ich seit zehn Jahren erfolgreich. Marathon ist eben eine andere Welt und viel brutaler als die zehn Kilometer auf der Bahn." Der Wahlberliner war wie vorher angekündigt mit seinem Trainingspartner Damian Kallabis - der half bis Kilometer zehn und stieg dann aus - bis etwa 16 km in der Kopfgruppe verblieben. Dann ließ er abreissen: "Das Tempo war mir ein wenig zu hoch." Wenig später stellten sich, wie schon in fünf bisher absolvierten Rennen über die längste olympische Laufstrecke die befürcheten Krämpfe in der hinteren Muskulatur des Oberschenkels ein. "Als die Muskeln anfingen zu zucken, musste ich langsamer laufen und habe die Kilometerzeiten von etwa 3:02/3:03 auf etwa 3:10 und später auf etwa 3:15 erhöhen müssen. Da büßt man am Ende nicht Sekunden, sondern gleich Minuten ein. Doch ich wollte auf jeden Fall den Zuschauer zuliebe, die uns so fantastisch angefeuert haben, ins Ziel kommen. Bei Kilometer 30 allerdings war mir klar, dass es heute mit der Olympiaqualifikation oder einer persönlichen Bestzeit nichts werden würde."

Franke ist es - und das wird die Hobbyläufer trösten - nicht anders bei dem Marathon-Abenteuer ergangen als vielen anderen: Gestartet mit hochfliegenden Pläne, die von streikenden Muskeln, müden Knochen oder überfordertem Kreislauf trotz Aufbietens aller Willenskräfte zunichte gemacht wurden. Der gescheiterte Spitzenathlet nahm es gelassen: Erst mal die Beine hoch legen und dann ausgiebig essen ("Mit einem delikaten Nachtisch - einem schönen Eis vielleicht, auf das ich lange verzichtet hatte") hieß seine Devise. Nächstes Wochenende kommentiert er für "Eurosport" die Weltmeisterschaften im Halbmarathon. Danach ist Urlaub angesagt, Verwandtenbesuche: "Und dann werde ich mich langfristig auf das Frühjahr vorbereiten. Im Mai Kurs auf ein schnelles Rennen über 10 000 m nehmen und dabei das Ticket für Sydney lösen." Von Ausflügen auf die tückische Marathonstrecke hat er erst einmal genug.

Ernst Podeswa

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