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Für Imke Duplitzer (links) und die anderen deutschen Fechterinnen geht es jetzt um Medaillen.

© Reuters

London 2012: Drei für ein Ziel - Deutschlands Fechterinnen

Die deutschen Fechterinnen Britta Heidemann, Imke Duplitzer und Monika Sozanska sind sehr unterschiedlich – am Montag geht es für das Trio um Medaillen.

Manchmal arbeitet die Klimaanlage in der Trainingshalle nicht richtig. Dann wird Britta Heidemann warm unter der Fechtmaske, sehr warm, viel wärmer als ohnehin schon. Manchmal drückt sie im Olympischen Dorf auch auf einen Lichtschalter, und das Licht geht nicht an. In solchen Momenten muss man sich Britta Heidemann wohl so vorstellen. Sie schwitzt und sagt zu sich: „Hey Britta, ist doch nicht so schlimm. So fängst du dir zumindest keine Erkältung ein.“ Oder, wenn sie im eigenen Zimmer im Dunkeln steht: „Hey Britta, kein Problem, so siehst du wenigstens nicht, dass das Zimmer noch gar nicht aufgeräumt ist.“

Britta Heidemann, Olympiasiegern im Degenfechten von 2008, spricht sich gerne selber an, wenn irgendwas nicht klappt. „Positive Selbstgespräche“ nennt sie das. „Sie bauen mich auf.“

Heute kämpft sie um eine Medaille (Finale: 19 Uhr), und vermutlich hat sie auf die Auslosung geblickt und gemurmelt: „Hey Britta, ist doch super. Du triffst erst in Runde zwei auf Bianca del Caretto. In der ersten Runde hast Du Freilos.“ Die Italienerin del Caretto war mal Mannschafts-Weltmeisterin, da ist’s nicht schlecht, sich mental aufzubauen, auch als Olympiasiegerin von 2008.

Imke Duplitzer redet auch gerne, aber lieber über andere, vorzugsweise sehr kritisch. Kurz vor Olympiabeginn griff sie das deutsche Sportsystem und seine Funktionäre an, weil Sportler zu wenig berücksichtigt würden, aber das hat ja Tradition bei ihr. Bei den Olympischen Spielen in Peking hoffte sie öffentlich, „dass das deutsche Sportsystem implodiert“. Das chinesische politische System attackierte sie gleich mit. Sie redet eigentlich immer so, aber bei wichtigen Wettkämpfen braucht sie das wohl besonders, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Sie ist jetzt 37, es sind ihre fünften Olympischen Spiele, sie muss sich ganz besonders pushen. Denn wenn sie die erste Runde übersteht, trifft sie auf Yujie Sun. Die dürfte von ihren Trainern ihrerseits besonders für diesen Kampf gepusht werden. Zumindest wenn die Betreuer Duplitzers Peking-Auftritt nicht vergessen haben – Yujie Sun kommt aus China. Und Weltranglisten-Erste ist sie auch noch.

Olympia 2012 - die deutschen Stars

Monika Sozanska, die dritte Deutsche, hat bei der EM Bronze gewonnen, vor allem aber ist sie mal durch Auftritte als Model aufgefallen. Sie ist ungewöhnlich attraktiv, dass dies auch PR-Experten aufgefallen ist, hat ihr einige giftige Kommentare aus der Mannschaft eingetragen.

Eigentlich hat Sozanska die beste Ausgangsposition der drei deutschen Fechterinnen. Sie liegt in der Weltrangliste unter den Top Ten, sie belegte bei der WM 2011 in Catania Platz sieben, aber Duplitzer und Heidemann haben die größere Erfahrung als Sozanska.

Britta Heidemann wirkt derzeit ziemlich entspannt. Sie hat schon Gold, sie hatte mit dem Team 2004 auch Olympia-Silber in Athen gewonnen, sie will jetzt wieder eine Medaille. Vor allem hat sie die Phase, in der auch „positive Selbstgespräche“ wenig nützten, hinter sich. Als im Frühjahr der Rücken schmerzte zum Beispiel. Ein Bandscheibenproblem, Heidemann war verzweifelt. „Zwischendurch war ich an einem dramatischen Punkt angekommen.“ Vor diesem Hintergrund kam sie wieder bemerkenswert gut in Form. Die Weltspitze ist freilich so eng zusammengerückt, dass eine kleine Unkonzentriertheit zum K. o. führen kann.

Und noch einen Tiefpunkt hat Heidemann überwunden. Bei der WM 2011 blamierte sie sich mit katastrophalen Gefechten und Platz 126 bis auf die Knochen. Ihren traurigen Abgang kommentierten Experten mit höhnischen Kommentaren. Heidemann ist die populärste deutsche Fechterin, sie absolvierte deshalb diverse PR-Termine. Sie hätte sich wohl besser aufs Training konzentrieren sollen, schimpften die Kritiker. „Das ist eine absolute Fehleinschätzung“, sagt Heidemann dazu. „Ich habe immer etwas nebenher gemacht.“ Eine Auszeit nahm sie sich nach Platz 126 trotzdem. „Ich war im Motivationstief.“

Imke Duplitzer nahm sich vor London etwas anderes: einen persönlichen Fitnesstrainer. Der leistete offenbar ganze Arbeit. „Ich habe Muskelgruppen entdeckt, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt.“ Aber die Quälerei hat sich auf jeden Fall gelohnt, selbst wenn sie vor den Finalkämpfen ausscheiden sollte. „Ich habe mich so geschlaucht“, sagt die 37-Jährige. „Wenn ich keine Medaille gewinne, will ich wenigstens am Strand gut aussehen.“

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