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London leuchtet.

© REUTERS

Sport: Londons letzter Tanz

Zweieinhalb Wochen lang war die Stadt Schauplatz einer Party, bei der die Stimmung nie kippte. Mit jeder Menge Popstars verabschieden sich die Briten und Olympia bei der SCHLUSSFEIER voneinander.

Neun Glockenschläge von Big Ben dröhnen durchs Olympiastadion, jeder einzelne Schlag wird von 80 000 Menschen auf den Tribünen begeistert mitgezählt, nach dem neunten geht das Ganze in Riesenjubel über. 21 Uhr in London, die Schlussfeier der Olympischen Spiele hat begonnen. Sie beginnt dann erstmal leise und getragen. Emeli Sandé singt, begleitet vom London Symphony Orchestra, „Read All About it“. In der Mitte des Rasens ragten Londons architektonische Highlights, Big Ben, das Riesenrad, Tower Bridge. Autos und Lastwagen umkreisen die Gebäude, alle mit den Motiven von riesigen Zeitungsseiten drapiert, auch die Straßen sehen aus, als hätte jemand eine riesige Zeitung ausgebreitet. Plötzlich zerteilt sich das Dach von Big Ben, und Winston Churchill taucht auf. Würdevoll zitiert er Shakespeare, während unter ihm das Leben immer hektischer wird. So hektisch, bis er brüllend befiehlt: „Ruhe jetzt.“

Auf einmal schwenken die Menschen die britische Nationalflagge, die Nationalhyme erklingt, „God save the Queen“ ertönt, die Feier bekommt eine feierlich Note, aber dann geht sie über in eine fröhliche Party mit Popmusik, einem explodierenden Auto, Batman und Menschen, die auf den Ladeflächen von zehn Lastwagen ausgelassen feiern zu Samba-Rhythmen. Ray Davies singt „Waterloo Sunset“, und zu seinem Hit schwenkt einer aus dem aufgeklappten Dach von Big Ben den Union Jack. Geschäftsleute, als Clowns verkleidet, tanzen um die Gebäude. Die Beatles singen „A Day in the Life“, und zu den letzten Klängen zerplatzen Straßen, Autos und Gebäude mit einem gewaltigen Knall. Die Athleten laufen ein, die deutsche Flagge trägt Ruderer Kristof Wilke vom siegreichen Achter, Publikum und Protagonisten verschmelzen zur Einheit. Eine exzellente Choreographie. Dann wird es ein britisches Musikfestival, John Lennon tritt per Videogruß auf, George Michael ist im Stadion genauso wie Madness, die Pet Shop Boys, Annie Lennox, Fatboy Slim, die Spice Girls, es will gar nicht mehr aufhören, doch irgendwann ist es vorbei.

Diese Schlussfeier vollendete das Bild, das mit einer ebenso grandiosen Eröffnungsfeier begonnen hatte. London war mehr als zwei Wochen lang Ort einer fröhlichen Party, bei der die Stimmung nie kippte. Die Fans aus aller Welt sorgten für eine Atmosphäre, in welcher der Kampf um Sieg und Niederlage jene Verbissenheit fehlte, die sonst so oft zu erkennen ist. Die Briten selber brüllten und feierten in einer Lautstärke, die ihresgleichen sucht, und trotzdem hatte diese Begeisterung auch immer etwas Sympathisches. Sie kippte nie ins unangenehm Nationalistische, für die Gegner der Briten gab es immer genügend Beifall. Ein fein dosiert eingesetzter, aber bedeutsamer Faktor dieser sympathischen Atmosphäre war der britische Humor. In dem Olympiastadion, in dem gestern die Abschlussfeier stattfand, da hatte bei der Leichtathletik der Stadionsprecher seine großen Auftritte. Die Hupe, mit der lautstark ein Fehlstart angezeigt worden war, kommentierte er so: „An die Leute, die gedient haben – das ist jetzt kein U-Boot, das untertaucht.“

Gestern Abend war nichts fein dosiert. London schickte einen grandiosen Gruß nach Rio, den Ort der nächsten Spiele.

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