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Louis van Gaal.

© dpa

Louis van Gaal: Bayern München: Der Boss wird weich

Die Bayern reisen besorgt nach Dortmund – und Louis van Gaal räumt Fehler ein. Der Trainer des Rekordmeisters überrascht mit Äußerungen zur eigenen Personalpolitik.

Ottmar Hitzfelds Wort hat in München offenbar immer noch Gewicht. Entsprechend groß war die Verärgerung über die Sätze des früheren Erfolgstrainers, die der 61-Jährige in Basel via Fernsehen äußerte. „Man spürt einfach, dass jeder Spieler mit sich selbst Probleme hat und auch die Leichtigkeit ist etwas verloren gegangen“, sagte der Schweizer Nationaltrainer in Richtung des aktuellen Bayern-Kaders und rechnete sogar vor, dass die Bayern ohne die verletzten Kreativkräfte Arjen Robben und Franck Ribéry „30 Prozent schlechter“ seien. Louis van Gaal, der aktuelle Trainer, reagierte gereizt: „Ottmar Hitzfeld kann das beziffern, weil er keine Verantwortung trägt.“

Da war er kurz, der alte Louis van Gaal, der Kritik an seiner Arbeit stets barsch abprallen lässt. Im vergangenen Winter, als der FC Bayern in der Bundesliga vergleichbar schlecht dastand, hätten ihn die miesen Ergebnisse und seine Art, die eigene Überzeugung zu kommunizieren, fast den Job gekostet. Dieser Tage erlebt München einen anderen van Gaal: sanftmütiger nach außen, vorsichtig empfänglich für Kritik, beinahe demütig. Der FC Bayern ist ihm mit der vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2012 in schwieriger Zeit entgegengekommen, hat ihm das Vertrauen ausgesprochen, Planungssicherheit verschafft. Im Gegenzug, so scheint es, lässt der Holländer konträre Meinungen zu.

Zuerst war es Ivica Olic, der forderte, man müsse es gegen defensive Gegner mit zwei Angreifern versuchen. Dann kam vorsichtige Kritik an van Gaals Mittelfeldpolitik auf: Toni Kroos sei für die Zehnerposition derzeit zu unbeständig, Thomas Müller auf dieser Position verschenkt. Die zweite Halbzeit des Champions-League-Spiels beim FC Basel war in dieser Hinsicht aufschlussreich: Erst brachte van Gaal schon in der 46. Minute Mario Gomez als zweiten Stürmer, später gab Bastian Schweinsteiger seine Sechserposition auf und agierte offensiver, als eine Mischung aus Zehner und Sechser.

Das Ergebnis war eindeutig: Basel schaffte es kaum noch aus der Abwehr heraus. Auch ohne die verletzten Robben und Ribéry spielten die Bayern variabler, erzwangen den Elfmeter zum Ausgleich, hätten schon viel früher das Siegtor erzielen müssen, als dies Schweinsteiger kurz vor Schluss tat. Auch ein van Gaal lernt dazu – und die Bayern haben offensiv plötzlich wieder andere Möglichkeiten. Auch mit Blick auf das schwere Sonntagsspiel bei Borussia Dortmund. Präsident Uli Hoeneß reist „etwas besorgt“ zum formstarken BVB. Es müsse gewonnen werden, damit die Bundesliga wieder spannend wird. „Sonst wird es sehr schwer, die große Punktdifferenz bis Weihnachten noch aufzuholen.“ Van Gaal dagegen erwartet optimistisch „einen Wendepunkt“ für die Bundesliga.

Noch bemerkenswerter waren allerdings van Gaals Äußerungen zur eigenen Personalpolitik. Es war im Verein immer als mutige, jedoch richtige Entscheidung kommuniziert worden, zugunsten der Eigengewächse David Alaba oder Diego Contento auf die Dienste von Sami Khedira (jetzt Real Madrid) oder Gregory van der Wiel (noch immer Ajax Amsterdam) zu verzichten. Jetzt sagt Louis van Gaal: „Ich dachte, dass es ein Vorteil ist, dass ich dieselbe Mannschaft behalten habe. Aber wir haben gesehen, dass das nicht ausreichend war.“ Vor einem Jahr wären Sätze wie diese kaum denkbar gewesen.

Reiner Zufall natürlich, dass nach dem Basel-Spiel und van Gaals Aussage Gerüchte über ein angebliches Interesse der Bayern am Baseler Xherdan Shaqiri laut wurden. Der hatte am Dienstag die linke Abwehrseite der Bayern vor Probleme gestellt, mit seinen 18 Jahren dabei imposant aufgespielt, ähnlich unbekümmert wie Thomas Müller im vergangenen Jahr. Van Gaal verweigert jeden konkreten Kommentar: „Wenn ich etwas darüber sage, heißt es sofort, wir hätten Interesse an Shaqiri.“ Er kann also doch noch bissig.

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