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Sport: Lucio

Wie Bayerns brasilianischer Abwehrspieler das Spiel gegen Bielefeld erlebte

Zwei Minuten nach Spielbeginn treibt Lucio den Ball parallel zur Mittellinie, einen gegnerischen Stürmer hält er mit ausgestrecktem Arm auf Distanz. Viele Verteidiger hätten den Ball vermutlich mit großer Vehemenz und gutem Gewissen Richtung Tribüne geschlagen, bestenfalls Richtung gegnerischem Strafraum. Doch Lucio ist kein Verteidiger, er trägt zwar bei Bayern München die Rückennummer drei und steht auf dem Spielfeld oft recht weit hinten, aber er ist Brasilianer und deshalb aus tiefstem Herzen Fußball- und nicht Abwehrspieler. Also bedient er sich in diesem Moment seiner Hacke, der Ball fliegt 20 Meter durch die Luft und landet bei einem Mitspieler, punktgenau.

Dass Lucio seine Fähigkeiten von Beginn an ins Spiel gegen Bielefeld einbringen darf, ist ein Segen, niemand hätte absehen können, was andernfalls passiert wäre. In den letzten Wochen hat Lucio noch finsterer dreingeschaut als gewöhnlich, denn er wähnte sich an jener Stelle getroffen, wo die Verletzungsgefahr bei Brasilianern häufig am größten ist: der Ehre. Vor zwei Wochen war er in Leverkusen beim Stande von 0:4 ausgewechselt worden, ausgerechnet bei seinem ehemaligen Verein, woraufhin er seinem Trainer Felix Magath zu verstehen gab, er werde solche Herabwürdigungen künftig nicht mehr dulden. „Wenn das weiterhin passiert, kriegt Magath Probleme: Ich bin kein Auswechselspieler“, zitierte ihn der „Kicker“. Die erste Machtprobe für den neuen Trainer.

Lucio hat sich also selbst unter Druck gesetzt, doch der ist ihm gegen Bielefeld nicht anzumerken. In der ersten halben Stunde wird er kaum gefordert, selten nur hat er Ballkontakt. Das 1:0 durch Makaay nimmt er mit wohlwollendem Nicken wahr, doch es scheint ihm bald ein wenig langweilig zu werden, weshalb er wenig später erstmals vor dem gegnerischen Tor auftaucht. Nach einem Eckstoß gewinnt er sein Kopfballduell, drückt den Ball knapp über die Latte.

Nach der Pause bemüht sich Lucio, mehr am Spiel teilzunehmen. Was aber schwierig ist, weil Bielefelds Angriffe meist schon enden, ehe Bayerns Defensive eingreifen muss. Also versucht Lucio, hier einen Ball zu erobern, da einen Zweikampf zu gewinnen, häufiger setzt er nun zu seinem Trab über die Mittellinie an. Aufregendes gelingt ihm dabei nicht, seine spektakulärste Aktion ist ein Kopfball über 30 Meter, mit dem er einen Bielefelder Befreiungsschlag returniert. Allzu abenteuerliche Aktionen wagt er ansonsten nicht. Vielleicht wollte er nicht noch eine Auswechslung riskieren.

Daniel Pontzen

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