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Wasserkraftwerk. Australiens Schwimmheld brachte es auf fünf olympische Goldmedaillen – und einen Dopingverdacht. Foto: ddp

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Sport: Lügen haben große Füße

Schwimmstar Ian Thorpe kehrt überraschend zurück – trainiert hatte er schon seit Monaten heimlich

Berlin - Der Oberkörper – eine Spur zu massig – ist zwar noch nicht ganz in Olympiaform, aber sonst sieht Ian Thorpe blendend aus. Tiefgebräunt ist der Schwimmheld der Australier – Ergebnis der vielen Trainingseinheiten, die der 28-Jährige in Sydney absolviert hat. Außerdem hat Thorpe Grund zu guter Ausstrahlung bei der Aufsehen erregenden Pressekonferenz, bei der er am Mittwoch sein Comeback bekannt gab. Er freute sich auch über sein gelungenes Versteckspiel mit den Medien.

In 18 Monaten will der fünfmalige Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in London wieder an den Start gehen – eine mittlere Sensation, die er medaillenwürdige fünf Monate vor der Öffentlichkeit geheim hielt. „Im September habe ich die Entscheidung getroffen, wieder wettkampfmäßig zu schwimmen“, erklärte Thorpe bei seinem live im Fernsehen übertragenen Auftritt in Sydney – und drehte der Medienmeute nachträglich nochmals eine lange Nase. Sogar seine Familie erfuhr erst im Januar von seinen Comeback-Plänen, und alle Freunde, die eingeweiht waren, bat er, „geschickt zu lügen“. Denn: „Ich brauchte diesen Raum, um die richtige Entscheidung zu treffen.“

Schon im November 2006 hatte Thorpe einen viel beachteten Entschluss gefasst – mit seinem Rücktritt, als gerade mal 24-Jähriger. Schwindende Motivation gab der Freistilspezialist damals als Grund an. In einem etwas düstereren Licht erschien das Bye bye des Australiers aber vier Monate später, als die französische Sporttageszeitung „L’Equipe“ von erhöhten Werten von Testosteron und Wachstumshormon im Rahmen einer Trainingskontrolle im Mai 2006 berichtete. Im November 2007 stellte der Weltverband Fina, der immer wieder durch seine laxe Anti-Doping-Politik negativ auffiel, die Ermittlungen gegen den Australier ein.

„Mein Name wird für immer befleckt sein“, schäumte Thorpe anschließend dennoch – nun will er diesen Namen wieder aufpolieren. Die Konkurrenz nahm die Nachricht schon einmal mit viel Wohlwollen auf. „Er ist einer der wirklich Großen, es wird spaßig sein, ihn in London wieder dabei zu haben“, ließ Bob Bowman, Trainer des 14-maligen Olympiasiegers Michael Phelps, ausrichten.

Im zum „Rennen des Jahrhunderts“ hoch gejazzten Olympiafinale über 200 Meter Freistil hatte Thorpe 2004 neben dem Holländer Pieter van den Hoogenband auch Phelps besiegt. Die Zeit des deutschen Vorzeigeschwimmers Paul Biedermann dagegen kam erst, als Thorpe sich bereits verabschiedet hatte. Als Biedermann – im Hightech-Anzug – dem Australier bei der WM 2009 dessen Fabelweltrekord über 400 Meter Freistil entrissen hatte, schickte Thorpe sportlich korrekt eine Glückwunsch-SMS nach Rom. „Ich finde gut, dass Ian zurückkommt. Also ich freue mich sehr, mal gegen ihn zu schwimmen und bin gespannt, wie schnell er ist“, sagte Biedermann am Mittwoch. Bundestrainer Dirk Lange sagte : „Thorpes Rekorde sind in den letzten Jahren nur durch die Superanzüge geknackt worden.“

Da kann der australische Wassermann mit der phänomenalen Schuhgröße 51 im nächsten Jahr einiges gerade rücken. „Es gibt noch Dinge, die ich im Schwimmen nicht erreicht habe und die ich gerne schaffen möchte“, erklärte Thorpe, der sich jenseits der Heimat in Abu Dhabi und Europa auf die London-Spiele vorbereiten will, und lächelte dazu: „Bevor ich 30 bin, noch einmal bei Olympia zu schwimmen, das stand auf meiner Wunschliste – neben einer Rolle als James Bond, der Gründung einer Rockband oder einer Pilotenlaufbahn. Und das mit dem Schwimmen erschien mir realistischer.“

Der direkte Vergleich mit den Gewinnern aus der Ära der Hightech-Anzüge, wie Biedermann, könnte zu den Dingen zählen, die Thorpe nachholen will. Wobei sich der gebürtige Sydneysider, der olympisches Einzelgold bislang über 400 (zwei Mal) und 200 Meter Kraul (einmal) gewann, neben den 200 speziell auf die 100 Meter Freistil fokussieren will. Zu einem Showdown mit Biedermann wird es zumindest über diese Distanz kaum kommen. Doch unabhängig davon betont Bundestrainer Lange: „Ich freue mich sehr auf die Duelle mit Thorpe. Denn wenn er dabei ist, wird die Luft für alle dünner.“

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