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Der Verkäufer. Auch Unions Vereinspräsident Dirk Zingler hat fast alle Anteile, die eine seiner Firmen an der Stadiongesellschaft hielt, an den Verein abgegeben – im Gegenzug dafür erhält die Firma Sponsoringleistungen.

© dpa

Machtverschiebung: Aktiendeal bei 1. FC Union

Beim 1. FC Union geben drei Großaktionäre ihre Anteile am Stadion An der Alten Försterei an den Klub ab – somit verschieben sich Macht und Risiken des Baus auf den Berliner Zweitligisten.

4136 Menschen könnten kommen und mitbestimmen. So viele Fans des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union sowie Vertreter von Unternehmen haben Aktien gezeichnet für das weiterhin im Umbau befindliche Stadion An der Alten Försterei. Am 11. Dezember soll in der Ballspielhalle Hämmerlingstraße die erste Hauptversammlung der „An der Alten Försterei Stadionbetriebs AG“ stattfinden; hier können sich die Aktionäre nach schriftlicher Anmeldung informieren, was mit ihrem Geld passiert. Und da gibt es eine Menge Neues. Auch Erklärungsbedarf.

Gewinne sind mit der 500 Euro teuren Aktie nicht zu machen. Es handelt sich um eine Art Schmuckpapier, dessen Geld in den Tribünenbau einfließt und das stolz an vielen Wohnungswänden hängt. Vor einem Jahr waren 5473 Aktien im Wert von 2,73 Millionen Euro verkauft worden. Um Spekulationen zu verhindern, durften nur Vereinsmitglieder zu Aktionären werden und maximal zehn Aktien erwerben.

Die Gründungsgesellschafter hätten für ihre Papiere viel Platz an ihren Wänden gebraucht. Dass ist aber nicht der Grund dafür, warum sie nun den Großteil ihrer Aktien im Gesamtwert von 1,419 Millionen Euro an den Verein übertragen wollen. Wie berichtet, geben drei Firmen ihre Papiere ab: Die Firma „RÖFA Mobilbeton GmbH“ von Unions Präsident Dirk Zingler will sich von 1297 Aktien trennen, die „Hinze Stahl & Service GmbH“ von Präsidiumsmitglied Jörg Hinze von 1097 Aktien und die „vierC print und medienfabrik GmbH & Co KG“ von Aufsichtsrat Hans-Joachim Lesching von 444 Wertpapieren. Öffentlich gab Union bekannt, dass die drei Hauptaktionäre dafür nicht die ihnen zustehenden 648 500 Euro (Zingler), 504 800 Euro (Hinze) und 222 000 Euro (Lesching) nach Nominalwert der Aktien erhalten. Der Kaufpreis werde stattdessen in Sponsorenverträge oder langfristige Darlehen umgewandelt. Beispielsweise können sie einige Vip-Logen auf der gerade entstehenden Haupttribüne später vermarkten. „Dort sind sowieso noch nicht alle Logen vermietet worden“, sagt ein Insider. Weitervermieten kann der Verein diese nun nicht mehr.

Die öffentliche Förderung des Baus der Haupttribüne in Höhe von drei Millionen Euro – von Union vor einem Jahr noch angekündigt – ist inzwischen obsolet. Senat und Union haben sich darauf verständigt, dass die Förderung in ein später zu bauendes Nachwuchsleistungszentrum fließen soll, heißt es aus Senatskreisen. Möglichkeiten für Jugendtraining, welche Bedingung für öffentliche Mittel sind, müssen dafür nun nicht mehr im neuen Tribünentrakt geschaffen werden. So bleibt mehr Platz für Vip-Logen und Veranstaltungsräume. Dafür aber müssen die Stadionbetreiber die Tribünenkosten von 15 Millionen Euro und auch die Baurisiken allein tragen. Der Stadt ist nun jeder Einfluss auf die Stadiongesellschaft verwehrt.

Der Verein hat nun mit 55 Prozent die Mehrheit die Stadionaktien

Durch den Aktiendeal, den die Versammlung noch absegnen muss, werde „die Liquidität des Vereins in den kommenden Jahren nicht berührt“, teilte Union mit. Dass der Verein darauf hinweist, macht Beobachter stutzig. Muss die Liquidität etwa gestützt werden? Der Verein kann durch das Geschäft jedenfalls 1,4 Millionen Euro an Aktienwerten für sich verbuchen. Dadurch wäre es nun unter Umständen möglich, an zinsgünstigere Kredite zu kommen. Finanzielle Engpässe angesichts des 15 Millionen Euro teuren Baus der Haupttribüne, eines neuen Trainingsgeländes und möglicher Mehrausgaben für die Profis gebe es nicht, versichert Zingler. „Wir haben im Lizenzierungsnachverfahren die Lizenz erneut ohne Bedingungen von der DFL bekommen“, sagte er auf Nachfrage. Zingler selbst wandelt sein Aktienpaket in einen Sponsoring-Vertrag um. „Als Unioner stellt man nicht die Frage, was der Verein Gutes für mich tun kann, sondern was ich Gutes für den Verein tun kann“, sagte der Bauunternehmer. „So denken viele tausend Unioner. Am Ende geben wir Macht ab.“

Dass es Interessenkonflikte geben kann, ist Union bekannt. Zingler ist Präsident des Vereins und Aufsichtsratschef der Stadion AG. Vereinsgeschäftsführer Oskar Kosche gehört genauso zum Vorstand der AG wie Präsidiumsmitglied Dirk Thieme. Thomas Koch ist Aufsichtsrat des Vereins und der AG. Im 226 Seiten starken Prospekt für das öffentliche Aktienangebot wurden mögliche Interessenkonflikte – auch wegen des Sponsorings Beteiligter – nicht ausgeschlossen.

Union strebt nun eine Stärkung der Mitgliedschaft an. Der neue Satzungsentwurf sieht vor, dass die Mitglieder künftig das Präsidium abwählen können. Insofern wäre eine handelnde Person oder Gesellschaft mit Aktienbesitz, die nicht im Einflussbereich der Mitglieder liegt, ein Risiko. Nun aber hat Union mit 55 Prozent die Mehrheit die Stadionaktien. Gut 43 Prozent sind im Streubesitz von Fans.

Zingler erklärte, dass es keinen Haken gebe und alles zum Wohle des Vereins geschehe. Der will seinen Weg weitergehen. Der 2008 mit dem Liegenschaftsfonds Berlin für das Gelände des Stadions geschlossene Erbbaurechtsvertrag läuft noch bis 2073. Ein Kauf ist derzeit nicht geplant. Für das Grundstück, das 2008 auf 1,8 Millionen Euro taxiert wurde, wurden die Erbpachtzinsen fünf Jahre lang gestundet. Ab September 2013 sind 6,5 Prozent Pachtzins fällig, was einer monatlichen Belastung von knapp 10 000 Euro entspricht. Für die vielen Aktionäre dürften auch das interessante Zahlen sein.

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