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Sport: Märchen für Gewinner

Wie Footballer Jake Delhomme zum Star beim Super Bowl wurde

Wenn in Amerika die Nächte lang sind und in weiten Teilen der USA dicker Schnee liegt, schauen die Menschen am liebsten nach Hollywood. Dort wo sich Märchen in Traumfabriken zu Bildern verwandeln. Nur an einem Tag im Winter schaut die Nation geschlossen weg, weil an einem anderen Ort die Geschichte von Helden und Verlierern erzählt wird. Das wahre Hollywood dieser Tagen liegt in Houston, wo am Sonntag das größte Fest der USA gefeiert wird. Hier treffen die beiden besten Footballteams im Finale der National Football League aufeinander und küren den Sieger im Super Bowl – das größte eintägige Sportereignis der Welt.

Dieses Spiel drängt alles in den Hintergrund, und weil beim Football die Qualität der Quarterbacks so entscheidend für den Erfolg ist, dreht sich auch alles um die beiden Spielmacher. Einer davon wühlt schon seit Tagen die Gefühle der Amerikaner auf: Jake Delhomme, Quarterback der Carolina Panthers und bis vor einem Jahr ein eher unauffälliger Footballspieler. Der 29-Jährige durchlebt gerade ein modernes Märchen.

Als Jake Delhomme vor sieben Jahren aus dem College kam, wollte ihn zunächst kein Team in der NFL haben. Bei den traditionellen Auswahlrunden für die nachrückenden Collegespieler hatten die Scouts sein Talent übersehen. So landete er als so genannter Free Agent auf dem freien Markt. Dort nahmen immerhin die New Orleans Saints von ihm Kenntnis und verpflichten Delhomme als Ersatzmann. Damit er die nötige Spielpraxis bekommt, schickte ihn das Team 1998 in die NFL Europe. Bei den Amsterdam Admirals kam er aber kaum zum Einsatz, denn ein gewisser Kurt Warner stand in der Gunst von Trainer Al Luginbill vorn. Jener Kurt Warner, der wenig später bei den St. Louis Rams einen steilen Aufstieg erlebte und an dessen Ende der Super-Bowl-Sieg stand.

„Der erste Versuch war enttäuschend“, sagt Delhomme, „das war ein Schlag für mein Ego.“ Während Warner zum Star wurde, musste Delhomme ein Jahr später noch mal nach Europa. „Eigentlich wollte ich nicht. Die Zeit ist einfach zu lang, und es war zu viel Football.“ Doch diesmal führte er Frankfurt Galaxy zum World-Bowl-Sieg. Aber selbst damit blieb er in New Orleans auf der Ersatzbank. Deshalb nahm er vor Saisonbeginn ein Angebot der Carolina Panthers an, dem Verliererteam der letzten Jahre. Als Delhomme dann gleich im ersten Spiel eingewechselt wurde, bekam er seine Bühne. Was folgte, war die erfolgreichste Saison der Panthers. Zum ersten Mal erreichte das Team den Super Bowl. Eine Erfolgsgeschichte à la Warner - nur in zwei Akten.

Delhomme muss sich noch einen weiteren Vergleich gefallen lassen. Dem mit seinem morgigen Kontrahenten Tom Brady. Der Quarterback der New England Patriots führte sein Team vor zwei Jahren als Neuling aus dem Nichts zum Titel. Doch Brady ist drei Jahre jünger und wurde ohne Umweg zum Jungstar. „Einige Jungs brauchen eben Zeit, um sich zu entwickeln“, sagt Delhomme, den viele selbst jetzt noch fälschlich mit Jack ansprechen.

In einem Punkt unterscheidet sich Jake Delhomme dann aber doch von den anderen Aufsteigern. Er liebt Rennpferde. „Die Pferde sind mir wichtig“, sagt Delhomme. Derzeit hat er drei, und wenn genügend Zeit bleibt, trainiert er sie selbst. Gelernt hat er das von seinem Vater. „Wir waren mächtig stolz, wenn wir zum Rennen gegangen sind und gut waren.“ Damals hatte er nicht ahnen können, dass er sich eines Tages den größten Wunsch jedes Amerikaners erfüllen kann – einmal im Super Bowl dabei zu sein.

Ingo Wolff

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