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Sport: Mailand hat den Milan-Blues

Der Satz klingt eher beschwörend als souverän: „Wir reisen mit der richtigen Konzentration nach Gelsenkirchen. Wenn wir keine Angst haben, können wir gewinnen“, sagt Andrej Schewtschenko.

Der Satz klingt eher beschwörend als souverän: „Wir reisen mit der richtigen Konzentration nach Gelsenkirchen. Wenn wir keine Angst haben, können wir gewinnen“, sagt Andrej Schewtschenko. Angst? Das Wort passt eigentlich nicht zum Superstar Schewtschenko und schon gar nicht zum großen AC Mailand, für den der ukrainische Stürmer spielt. Zumal es heute gegen den FC Schalke 04 geht (20.45 Uhr, live auf Sat1), einen Klub, der in der Champions League bislang kaum Schrecken verbreitet hat. Doch der 17-malige italienische Fußballmeister und sechsfache Gewinner des Europapokals der Landesmeister ist angeschlagen. Die italienischen Fußball-Reporter sprechen schon vom „Milan-Blues“ und fragen sich, ob bereits das Ende der Erfolgsserie angebrochen ist. Die Finalniederlage gegen den FC Liverpool in der Champions League lastet nach Ansicht von Beobachtern noch immer auf den Spielern. Aber das ist nicht alles: Die Abwehr ist überaltert, Cafu, Jaap Stam und Paolo Maldini sind alle weit über dreißig.

Am vergangenen Sonntag hat es zwar zu einem 2:0 gegen Treviso gereicht, womit der AC Mailand in der Serie A auf den vierten Platz geklettert ist. Dennoch hat der Meisterschaftsfavorit bei weitem nicht überzeugt. „Wir haben nicht geglänzt, das Spiel war nicht besonders schön“, sagte Trainer Carlo Ancelotti nach dem mühsamen Sieg gegen den Tabellenletzten. Italienische Zeitungen kritisierten den vermeintlichen Traumsturm mit Schewtschenko und Jungstar Alberto Gilardino: „Schewa scheint die größten Schwierigkeiten zu haben. Gilardino steht in der Mitte des Spielfeldes, Schewtschenko kreist um ihn herum. Er wird für die Gegner nie wirklich gefährlich“, urteilte die „Gazzetta dello Sport“.

Doch die finanziellen Probleme des Klubs wiegen viel schwerer: Unter Silvio Berlusconi ist der AC Mailand zwar zur Marketingmaschine geworden. Schon früh stieg der Klub in das Geschäft mit Fanartikeln ein, die er weltweit vertreibt. Bezahlte Freundschaftsspiele etwa in Japan oder den USA bringen zusätzliches Geld in die Kasse. In Italien können außerdem nur noch jene Fans die Spiele zu Hause schauen, die den „Milan-Chanel“ im Bezahlfernsehen abonnieren. Dennoch steckt das Unternehmen Milan – wie die meisten italienischen Vereine – seit Jahren in den roten Zahlen. Wie die Wirtschaftszeitung „Il sole 24 Ore“ vorrechnet, steht der professionelle Fußball in Italien derzeit mit eineinhalb Milliarden Euro Schulden und einem Jahresverlust von 400 Millionen Euro wie so oft vor dem Bankrott. Vor allem die hohen Gehälter für die Spieler haben viele Vereine an den Rand des Ruins getrieben. Luca Albano, Sekretär der Vereinigung der Spieler-Agenten, wiegelt ab: „Das hat sich geändert. Vor allem die kleinen Vereine zahlen nicht mehr so hohe Gehälter.“ Bei großen Vereinen wie Milan, Inter und Juventus werden dagegen weiterhin üppige Gehälter und Ablösesummen bezahlt. Vor allem der AC Mailand wirft immer noch mit Geld um sich: Um Gilardino vom FC Parma zu holen, bezahlte der Klub jüngst 24 Millionen Euro. HB

Katharina Kort[Mailand]

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