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Sport: Mailand - San Remo: 18.000 Kilometer in den Beinen

Das zweite deutsche Radsport-Team Coast hat Erik Zabel beim Traditionsrennen Mailand-San Remo den Kampf angekündigt. Teamchef Wolfram Lindner, der 20 Jahre Trainer der DDR und danach bei den Schweizer Profis war, will seinen Vorzeigefahrer Alex Zülle beim Weltcup-Auftakt am Samstag aus der Reserve locken.

Das zweite deutsche Radsport-Team Coast hat Erik Zabel beim Traditionsrennen Mailand-San Remo den Kampf angekündigt. Teamchef Wolfram Lindner, der 20 Jahre Trainer der DDR und danach bei den Schweizer Profis war, will seinen Vorzeigefahrer Alex Zülle beim Weltcup-Auftakt am Samstag aus der Reserve locken. "Ich hoffe auf einen anderen Rennverlauf als in den letzten Jahren, in denen es immer eine Sprintankunft gab. Ich habe Alex überzeugt, dass er auch Eintagesrennen gewinnen kann." Als Empfehlung bringt Zülle einen Etappensieg von Paris-Nizza mit nach Italien.

Für den Mailand-San Remo-Veranstalter, die Sportzeitung "Gazzetta dello Sport", ist Zabel "auch in diesem Jahr der einzige Favorit". Allerdings erwartet die Zeitung ein offenes Rennen wie seit langem nicht mehr. Einen Tag vor dem Startschuss trainierte Zabel knapp drei Stunden lang. "Ich habe seit Trainingsbeginn im Dezember rund 18 000 Kilometer in den Beinen." Der Berliner behauptet zwar, dass er vor seinem ersten Erfolg 1997 am deutlichsten Favorit gewesen sei. Nun sei das anders. An seinen Ambitionen lässt Zabel allerdings keinen Zweifel. "Ich will den vierten Sieg."

Auch wenn Lindner Zülle am Samstag fordert, hat der Trainer den ersten Form-Höhepunkt des sensiblen Schweizers, der 1998 zu einem der Hauptakteure des Doping-Skandals bei der Tour de France gehörte, für den kommenden Monat geplant. Dann sollen weitere Coast-Siege die Organisatoren der Tour milde stimmen, damit das Team des Essener Textilunternehmers Günther Dahms noch eine von vier Wild Cards erhält. Lindner befürchtet nicht, dass Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc - um Zeichen zu setzen - auf prominente Fahrer "mit Vergangenheit" wie Zülle, Marco Pantani oder Laurent Jalabert verzichtet. "Die Tour-Organisatoren wollen doch nur eines: Die besten Fahrer der Welt. Wenn wir gut fahren, sind wir dabei, das ist doch logisch. Die alten Dinge sind abgehakt", sagte Lindner.

Im Kampf gegen Doping sieht der 60-Jährige Fortschritte. "Ich habe den Eindruck, dass eine ganze Menge Leute begonnen haben, ihr Gehirn einzuschalten. Ich bin überzeugt, auch nach einem Gespräch mit Leblanc, dass entscheidende Dinge im Kampf gegen Doping eingeleitet wurden", meinte Lindner. In der DDR galt der Trainer als der entscheidende Mann hinter den beiden Radsportstars Uwe Ampler und Olaf Ludwig. Später schrieb er auch Bücher über Trainingslehre. Für Lindner sind in dem Bemühen um saubereren Sport "nicht die Rennfahrer das Problem, sondern ihr Umfeld".

Bei der Präsentation der Coast-Mannschaft, für die Dahms pro Saison rund zehn Millionen Mark zur Verfügung stellt und sich jetzt die finanzielle Hilfe eines Ko-Sponsors sicherte, wollte Alex Zülle im Februar im Berliner Reichstag nur sehr widerwillig Stellung zu seiner Doping-Vergangenheit beziehen. Der Brillenträger, der 1998 im Polizeigewahrsam die Einnahme von Wachstumshormonen und Epo gestanden hatte, komme längst ohne verbotene Substanzen aus. Auch weil er unter Lindner viel weniger Rennen als früher bestreiten müsse. Bei der enormen Belastung von bis zu 150 Renntagen im Jahr sei laut Zülle der Griff zur Pille für manche Kollegen eine große Versuchung. Die hohe Belastung als Grund für Doping - auch eine Möglichkeit sein Vergehen zu rechtfertigen.

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