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Sport: „Man muss auch Grönland mitspielen lassen“ Welthandball-Präsident Moustafa über die Probleme der WM

Herr Moustafa, welche Mannschaft hat Sie bisher am meisten bei der WM überrascht? Die Deutschen.

Herr Moustafa, welche Mannschaft hat Sie bisher am meisten bei der WM überrascht?

Die Deutschen. Wir erleben zum ersten Mal seit langem, dass sie eine so gute Mannschaft haben. Auch Frankreich und Spanien spielen sehr stark. Insgesamt ist die WM sehr gut und ausgeglichen.

Dafür gibt es Kritik an den Veranstaltern. Das schwedische Team spricht von der am schlechtesten organisierten HandballGroßveranstaltung aller Zeiten. Zu Recht?

Die Schweden müssen uns erst mal beweisen, dass wirklich so viel schief gelaufen ist bei ihnen. Leider haben sie bisher nicht mit mir gesprochen. Es spricht nichts dafür, dass sie Recht haben. Von den anderen 23 Ländern habe ich jedenfalls noch nichts gehört.

Kritisiert wird auch der Spielmodus mit der Zwischenrunde…

Wir als IHF bestimmen nicht über den Modus, sondern wir entscheiden mit einer Expertenkommission. Die Experten kommen aus den wichtigen Handball-Ländern wie Deutschland oder Frankreich.

In der deutschen Gruppe waren gleich drei Exoten vertreten. Tut sich der Handball damit einen Gefallen?

Dieses System besteht seit vielen Jahren. Betrachten Sie doch nur Argentinien oder Brasilien, die jetzt für positive Überraschungen sorgen. Diese Mannschaften waren vor 20 Jahren so klein wie Grönland oder Australien heute. Man muss solche Länder mitspielen lassen, damit sie irgendwann besser werden.

Also kein Anlass für Reformen?

Wir müssen ständig über Neuerungen nachdenken. Ich selbst habe mir folgende Beispiele überlegt: Demnächst sollen keine unerfahrenen Nationen mehr eine WM-Endrunde ausrichten. Stattdessen geben wir solchen Ländern zuerst eine Junioren-WM, bei der sie Erfahrung sammeln können. Außerdem sollten wir einen Reserveveranstalter benennen, falls es in Zukunft wieder bauliche Verzögerungen gibt wie hier. Und wir müssen die Märkte in den großen Nationen USA und China erschließen, damit Handball ein Massenphänomen wird.

Ist es da nicht ein Widerspruch, dass bei einer WM Australien gegen Grönland vor 100 Zuschauern spielt?

Okay, aber das liegt vor allem an den hohen Preisen in Portugal. Würden Sie in Deutschland 15 oder 20 Euro bezahlen, um so ein Spiel zu sehen? Das ist einfach zu viel, und wir werden zukünftig darauf Einfluss nehmen. Schließlich haben wir im Moment Probleme mit den TV-Anstalten, die bei ihren Aufnahmen die leeren Ränge kaschieren müssen. Auch unsere Sponsoren klagen über das geringe Interesse der Zuschauer.

Sie hätten volle Hallen haben können, wenn Sie die WM 2005 nach Deutschland vergeben hätten…

Das kann allerdings nicht ich entscheiden. Auch wenn mir das zu Unrecht aus Deutschland vorgeworfen wird. Ich als Präsident habe bei der Abstimmung keine Stimme. Ich war nicht gegen Deutschland. Meiner Meinung nach hätte es den Handball vorangebracht, wenn die WM 2005 in Deutschland stattgefunden hätte.

DHB-Präsident Ulrich Strombach kritisierte nachher, dass „der Kongress Ähnlichkeit mit einem chaotischen Treffen auf einem Basar“ gehabt habe. Sind Sie führungsschwach?

Ich empfinde es als billig und falsch, die Verantwortung für den Ausgang der Abstimmung auf meine Person zu schieben. Die Art und Weise, wie ich angegriffen wurde, war unfair und verletzend.

Wollen Sie denn noch mit dem deutschen Verband zusammenarbeiten?

Es gibt sicher ein paar Unstimmigkeiten, aber keine unlösbaren Probleme. Wir sind eine große Familie und werden diese Dinge intern besprechen. Ich wäre ja verrückt, wenn ich gegen den größten Verband der Welt arbeiten würde. Außerdem habe ich in Deutschland gelebt und studiert. In Ägypten sagen sie, ich sei ein halber Deutscher. Ich liebe Deutschland.

Das Gespräch führten Martin E. Hiller

und Andreas Schuler.

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