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Manuel Neuer, Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi: Weltfußballer 2014? Dreimal eine ganz klare Sache!

Wer soll am Montagabend mit dem Goldenen Ball als Weltfußballer ausgezeichnet werden? Manuel Neuer, Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo? Wir stellen drei Meinungen aus der Tagesspiegel-Sportredaktion zur Diskussion.

Michael Rosentritt: Manuel Neuer zieht den Stürmern den Stecker

Zugegeben, Manuel Neuer ist nicht der Favorit auf die Ehrung zum Weltfußballer des Jahres. Sein Können und seine Kunst haben sich noch nicht bis in den letzten Winkel der Erde herumgesprochen, aber aus jedem Winkel kommen nun einmal die Stimmen bei dieser Wahl, aus 209 Nationen der Welt. Cristiano Ronaldo und Lionel Messi sind nicht nur wunderbare Fußballer, sondern Marken mit weltweiter Strahlkraft. Denn sie schießen Tore bis in den letzten Winkel hinein. Neuer schießt keine Tore, er verhindert sie. Aber wie!

Es sind eben nicht nur die Paraden, die Neuer so einzigartig machen in der Gattung der Torhüter. Es ist seine völlig neue Interpretation des Torhüterspiels, die betörend ist. Er sei "ein Geschenk für uns alle", sagte etwa Bastian Schweinsteiger während der WM in Brasilien. Es sind nicht nur die abgewehrten Bälle oder wie er daraus die eigenen Gegenangriffe einleitet, die Neuer so wertvoll machen. Dieser deutsche Siegfried im Tor ist ein Siegfaktor. Das hat einerseits mit seinem Handwerk zu tun. Im modernen Fußball reicht es längst nicht mehr, nur auf der Torlinie stark zu sein und  den Strafraum zu beherrschen. Heute ist ein Torwart der erste Spieler, der das eigene Spiel eröffnet und so Angriffe initiiert. Neuer kommt entgegen, dass er selbst ein recht passabler Feldspieler ist und daher nicht nur zu reagieren versteht, sondern auch zu agieren weiß.

Vor allem aber hat es etwas mit seiner Ausstrahlung zu tun, die etwas von Unbezwingbarkeit vermittelt. Es ist ein Signal, das seinen eigenen Vorderleuten Vertrauen schenkt und gleichzeitig seinen Gegnern Vertrauen raubt. Es gibt nur ganz wenige solcher Typen, die den gegnerischen Angreifern das Blut in den Adern erstarren lassen, die ihnen irgendwie den Stecker ziehen. So wie bei der WM Cristiano Ronaldo und Messi, die kein Tor gegen Neuer erzielten konnten und Deutschland unterlegen waren.

Johannes Nedo: Lionel Messi brilliert Jahr für Jahr aufs Neue

Es kann einfach nur einen geben Weltfußballer geben: Lionel Messi. Bei so einer Wahl kommt ja einiges zusammen. Erstmal muss man schauen, welche Bestmarken einem Spieler im vergangenen Jahr gelungen sind. Und schon da hat der kleine Argentinier einiges zu bieten: er ist 2014 alleiniger Rekordtorschütze der Champions League geworden (mit derzeit 75 Treffern) und er hat nun auch in der spanischen Primera Division die meisten Tore der Geschichte geschossen (das entscheidende 253. erzielte er im November).

Dann muss man schauen, was er zum Erfolg seiner Mannschaften beigetragen hat. Und da zählt im zurückliegenden Jahr nicht der Klubfußball mit dem FC Barcelona am meisten, sondern das Großereignis schlechthin: die Weltmeisterschaft. Was hat Cristiano Ronaldo da gerissen? Nichts. Rumlamentiert, rumposiert und rumgeeiert hat er. Und hat Manuel Neuer Deutschland allein zum Titel geführt? Ich erinnere mich nicht, dass er irgendein Tor geschossen oder entscheidende Spielzüge eingeleitet hat. Lionel Messi hingegen hat Argentinien quasi im Alleingang in das Finale geführt.

Er hat die übrige Mannschaft, die langweiligen, fast uninspirierten Sicherheitsfußball spielte, durch das gesamte Turnier geschleppt. Er war es, der unter riesigem Druck immer wieder grandiose Dinge mit dem Ball veranstaltete. Damit bewies Messi auch, dass er all die überbordenden Erwartungen wirklich erfüllen kann. Denn so sehr im Fokus wie er steht sonst kein Spieler. Nicht umsonst ist er schon zum besten Spieler der Weltmeisterschaft gekürt worden – da hat selbst die Fifa mal absolut richtig gelegen. Und das Argument, Messi habe doch schon viermal den Ballon d’Or gewonnen, es müsse mal ein anderer ran, zählt nun wirklich auf gar keinen Fall. Wer so brillant ist wie er und das Jahr für Jahr aufs Neue zeigt, der muss auch Jahr für Jahr aufs Neue gewählt werden.

Sven Goldmann: Cristiano Ronaldo? Ja, wer denn sonst?

Eigentlich müsste ich ja als Verehrer der argentinischen Fußballkunst für Lionel Messi plädieren. Aber erstens ist Messi weniger Argentinier als Katalane, zweitens richtet er mit seinem neu entdeckten Egoismus gerade den FC Barcelona zu Grunde und drittens hat er im vergangenen Jahr doch recht lange Schaffenspausen eingelegt. Der zweite Mitbewerber Manuel Neuer hat das Torhüterspiel gewiss auf ein neues Niveau gehoben und  wahrscheinlich wäre Deutschland ohne ihn schon im Achtelfinale gegen die vogelwilden Algerier rausgeflogen. Aber der beste Fußballspieler der WM ist eben nicht zwangsläufig der beste Fußballspieler der Welt, über ein ganzes Jahr gesehen.

Wie teuflisch gut dieser Ronaldo ist, das hat auch Manuel Neuer erkennen müssen. Im Halbfinale der Champions League, als er Real mit drei Toren in zwei Spielen beinahe ganz allein zum einem kumulierten 5:0 schoss. Über die Langstrecke eines Jahres gesehen ist die Champions League der wahre Gradmesser, und 17 Tore vom ersten Vorrundenspiel in Istanbul bis zum Finale in Lissabon lassen sich schwerlich wegdiskutieren mit dem Verweis auf ständig wechselnde Frisuren und vor dem Spiel einstudierte Jubelchoreographien.

Cristiano Ronaldo hat die vermeintlich brotlose Kunst des Dribblings wieder zu einem kostbaren Gut gemacht und dem stromlinienförmigen Spiel des dritten Jahrtausends ein Stück Schönheit zurückgegeben. Spieler seiner Klasse sind es, die den Fußball zu einem Erlebnis machen. Dazu ist er produktiv wie kein Zweiter und damit auch ein Mannschaftsspieler im besten Sinne. Deswegen gebührt Cristiano Ronaldo heute Abend auch der Goldene Ball.

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