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Marcel Reif

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Marcel Reifs Kolumne: Freiburg als Vorbild

Unser Kolumnist Marcel Reif betrachtet diesmal den SC Freiburg, der in der Bundesliga für Aufsehen sorgt und auf dem Weg nach Europa ist. Seine Einschätzung der Freiburger: sie sind exakt da, wo sie sind, weil sie wissen, wer sie sind.

Na ja, gut, dann haben sich die Freiburger eben einen Elfmeter gefangen gestern in Nürnberg, einen Elfmeter, über den man diskutieren kann, mindestens, ein lächerlicher Elfmeter. Das ändert auch nichts daran, dass der SC Freiburg ganz glänzend dasteht. Genau. Der SC Freiburg. Man kann nur gratulieren, wie die Provinzler, darf man das sagen, weil es doch stimmt?, wie die Provinzler sich halten in der Liga als etablierte Kraft. Es gab die Ära des Präsidenten Achim Stocker, der herzkrank war und deshalb wegen der Aufregung nicht ins Stadion gehen konnte. Das war die Zeit, in der Volker Finke die Alleinherrschaft im Breisgau innehatte. Das war nicht die schlechteste Zeit des kleinen Klubs. Man machte sich auf in die Erste Liga, man erreichte sie, und der Rest der deutschen Fußball-Landschaft schaute wohlwollend nach Freiburg: Ist ja niedlich, was die da machen.

Dann starb Stocker und die Zeit Finkes ging zur Neige. Das Ende des Freiburger Phänomens? Jetzt haben sie den Präsidenten Fritz Keller, der ist Winzer von Beruf, wie passend, wie niedlich. Sie haben den Trainer Christian Streich, der spricht, wie er ist, sehr klar, sehr alemannisch, sehr authentisch, wie passend, wie niedlich. Sie haben sich einfach neu erfunden in Freiburg. Das heißt, nicht neu, sondern wieder neu. So, wie es damals war. Und wieder klappt es. Und wir anderen, die verwundert in den Schwarzwald schauen, sagen, dass das alles nicht wahr sein kann in diesem Betrieb des großen Geldes und der gigantischen Etats. Es kann auch alles nicht wahr sein und ist es doch. Die Freiburger sind exakt da, wo sie sind, weil sie wissen, wer sie sind. Sie kennen ihre Mittel, die sind bescheiden, und dafür haben sie ein Konzept. Das setzt auf die eigene Jugend, nach Lage der Dinge ist das ein geschicktes Konzept. Der geistige Überbau des Konzeptes lautet, dass alles gut wird, und wenn es nicht gut wird, ist das auch keine Katastrophe, stürzt den Klub nicht ins Elend.

Damit sind sie nahe an Europa herangerückt. An Europa? Das sollte man Trainer Streich besser nicht mitteilen. Er schüttelt dann den Kopf, sagt, dass das nur Probleme bringe. Und dem ist wahrscheinlich so. Was würden sie dort wollen in der Europa League, außer Prügel zu beziehen. Sie sind nicht hochgedopt mit Geld, rennen nicht hysterisch irgendwelchen Schimären hinterher, sie sind einfach nur da. Das hat sie dahin gebracht, dass andere Klubs sie kopieren, wie Mainz 05, die ähnlich genau wissen, wer sie sind, wer sie waren, wohin sie kommen können. Nicht nach ganz oben. Es ist nicht das Schlechteste, für einen Klub wie den SC Freiburg als Vorbild zu dienen.

Marcel Reif ist Chefkommentator beim Fernsehsender Sky.

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