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Sport: Marcelinho denkt an Abschied

Der Brasilianer deutet an, dass er seinen 2007 auslaufenden Vertrag bei Hertha BSC nicht mehr verlängert

Marcelinho sitzt entspannt in einem breiten Sessel der Lounge des Fünf-Sterne- Hotels Guadalpin in Marbella. Der Fußballer von Hertha BSC trägt einen hellblauen Trainingsanzug, die erste Übungseinheit des Tages hat er bereits hinter sich. Marcelinho beantwortet die Fragen, die ihm gestellt werden, sehr geduldig und ausführlich. Er spricht langsam und deutlich, deshalb hat der Dolmetscher keine Mühe mit der Simultanübersetzung aus dem Portugiesischen ins Deutsche. „Vielleicht komme ich zu einem neuen Verein“, sagt Marcelinho. „Im Moment denke ich nicht darüber nach, mit Hertha zu verhandeln.“

Der brasilianische Mittelfeldspieler hat einen Vertrag bis 2007, und den will er nach eigener Aussage auch erfüllen. „Dann werde ich sechs Jahre lang bei Hertha gewesen sein. Vielleicht ist es gut, noch einmal was anderes zu machen, eine neue Stadt und neue Leute kennen zu lernen.“ Der in der vorigen Saison mit 18 Toren und 13 Vorlagen wichtigste Spieler der Berliner spricht über seinen Wechsel, als ob er nicht von besonderer Bedeutung wäre. Bei Hertha BSC werden seine Aussagen allerdings Verwunderung auslösen. Vor ein paar Wochen hatte Marcelinho noch davon gesprochen, dass er seinen Vertrag verlängern möchte. „Das ist schon eine Weile her“, sagt er. „Und wenn der Verein ein gutes Angebot macht, kann man vielleicht noch einmal verhandeln.“

Marcelinhos Stärke ist schon immer seine Unberechenbarkeit gewesen. Auf dem Fußballplatz weiß nie jemand, was er als nächstes mit dem Ball anstellen wird. Eben diese Unberechenbarkeit ist aber auch die Schwäche des 30-Jährigen. Die Verantwortlichen des Klubs haben Marcelinho außerhalb des Platzes nie so recht in den Griff bekommen. Manager Dieter Hoeneß sagt nun: „Ich kann darüber nur lachen, vor drei Wochen hat er noch gesagt, er will bis 2011 bleiben.“

Der Brasilianer hat schon häufig mit merkwürdigen Sätzen Verwirrung gestiftet. In der abgelaufenen Hinrunde kritisierte er die Nationalspieler Herthas dafür, dass sie nur noch die Weltmeisterschaft im Kopf hätten und sich deshalb in Spielen für Hertha nicht richtig anstrengen würden.

Sein Kollege Niko Kovac, kroatischer Nationalspieler, reagierte heftig auf diese Kritik. Und schon gab es wieder Unruhe in der Mannschaft. Auch wegen solcher Äußerungen ist Marcelinho isoliert, er hat kaum Kontakt zu seinen Mitspielern. In der Lobby des Mannschaftshotels unterhalten sich die Kollegen in zwei großen Gruppen, sie lachen und flachsen. Marcelinho steht mit Kopfhörern und traurigem Blick abseits. Der Brasilianer selbst sieht sich nicht isoliert. „Ich bin mit allen gut befreundet“, sagt er. Im Klub wird dieser Version allerdings widersprochen. „Marcelinho lässt niemanden an sich heran“, sagt ein Mitglied des Teams. Der Klub kümmere sich jedoch auch nicht mit genügend Sorgfalt um die beiden Brasilianer. Gilberto hat im Trainingslager gesagt, dass er „nicht hundertprozentig glücklich ist“. Der 29-Jährige vermisst seine Familie, der es in Deutschland nicht gefällt und die deshalb wieder in Brasilien lebt.

Marcelinho sagt, ihm gefalle es in Deutschland. Er könne sich sogar vorstellen, in der Bundesliga zu bleiben und zu einem Spitzenklub wie Hamburg, Schalke, Bayern, Bremen oder Leverkusen zu gehen. „Ich würde auch gerne in Spanien spielen“, sagt er. Erst aber will er sich mit Hertha auf die Rückrunde konzentrieren. Marcelinho wirkte vor der Winterpause häufig abwesend, „ich hatte zu viele andere Dinge im Kopf“, sagt er. Der Weihnachtsurlaub habe ihm gut getan. Selbst eine Nominierung für die Weltmeisterschaft kann er sich noch vorstellen, obwohl Marcelinho schon lange nicht mehr für die Nationalmannschaft nominiert wurde. „Es gibt immer ein, zwei Überraschungen“, sagt er. Und mit Überraschungen kennt sich Marcelinho bestens aus.

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