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Sport: Marco van Advocaat

Hollands Trainer van Basten hat bei dieser WM einige Fehler gemacht, die an seinen Vorgänger erinnern

Berlin - Ruud van Nistelrooy erlaubte sich ungeahnte Nachlässigkeiten. Der Mittelstürmer der holländischen Fußball-Nationalmannschaft erschien unrasiert an seinem Arbeitsplatz. Normalerweise rasiert sich van Nistelrooy vor jedem Spiel. Vor dem Achtelfinale gegen Portugal tat er es nicht – als hätte er es geahnt. Van Nistelrooy spielte keine einzige Minute, nicht einmal in der Schlussphase, beim Stand von 0:1, durfte der wohl beste europäische Stürmer der vergangenen fünf Jahre aufs Feld. Hollands Bondscoach Marco van Basten wechselte lieber Jan Vennegoor of Hesselink ein, einen Stürmer, der mehr Nachnamen besitzt, als er für Holland Tore geschossen hat.

Es war die letzte seltsame Entscheidung von Marco van Basten vor und während der Weltmeisterschaft. Hollands Bondscoach hat seltsame Entscheidungen zum Stilmittel erkoren, sie ziehen sich durch seine gesamte Amtszeit. Gegen Portugal wechselte er kurz nach der Pause Verteidiger Joris Mathijsen aus, den bereits verwarnten Khalid Boulahrouz ließ er auf dem Platz. Es kam, wie es kommen musste. Boulahrouz sah kurz darauf erneut Gelb, die schöne Überzahl der Holländer war dahin. Nicht nur mit der falschen Auswechslung entpuppte sich van Basten als das, was er ist: ein Berufsanfänger auf der Trainerbank. „Vielleicht ist das der Grund, warum er die Kontrolle über seine Spieler vollständig verlor“, schrieb „De Volkskrant“ nach der Niederlage gegen Portugal.

Nur dank der tumultuösen Umstände des Achtelfinales wurde van Bastens Verantwortung für das blamable Abschneiden nicht intensiver beleuchtet, angesichts der spielerisch dürftigen Vorstellungen fiel die Kritik geradezu harmlos aus. Sein immer noch legendärer Ruf als Spieler bewahrte den Bondscoach und das Land vor einer unappetitlichen Trainerdiskussion. „Van Basten wurde von vielen Medien mit Samthandschuhen angefasst“, schrieb das „NRC Handelsblad“.

Der Bondscoach kann sich darauf berufen, dass das eigentliche Ziel seiner Arbeit immer die Europameisterschaft in zwei Jahren gewesen sei. Trotzdem bleibt der Eindruck, dass er die WM leichtfertig weggeschenkt hat. Hinzu kommt das uninspirierte Spiel der Mannschaft und van Bastens überraschende Ergebnisfixierung. Im Spiel gegen die Elfenbeinküste holte van Basten knapp 20 Minuten vor Schluss einen Stürmer vom Feld, um mit einem Mittelfeldspieler den 2:1-Vorsprung über die Zeit zu retten. Für die gleiche Personalentscheidung ist sein Vorgänger Dick Advocaat vor zwei Jahren bei der EM von der holländischen Öffentlichkeit niedergemacht worden – wegen Verrats an der niederländischen Fußballkultur, der bedingungslosen Verpflichtung zur Offensive.

In van Basten steckt mehr Advocaat, als sich die Holländer das vor zwei Jahren erträumt hätten. Advocaat wurde nach der EM 2004 aus dem Amt genötigt, er galt als übervorsichtig und bieder. Van Basten hingegen konnte sich lange Zeit als Erneuerer positionieren, der etliche unbekannte Spieler aus der Ehrendivision zu Nationalspielern beförderte. Das änderte sich an dem Tag, an dem er seinen WM-Kader bekannt gab.

In van Bastens Aufgebot fehlte der stärkste holländische Spieler der abgelaufenen Saison, der erst 22 Jahre alte Torschützenkönig Klaas-Jan Huntelaar von Ajax Amsterdam. Dass der Bondscoach auf ihn verzichtet hatte, war auch als Schutzmaßnahme für den formschwächelnden Mittelstürmer van Nistelrooy zu verstehen. Schon nach dessen erstem WM-Auftritt hätte die holländische Öffentlichkeit vermutlich nach Huntelaar gerufen – wenn er denn im Kader gewesen wäre. Umso erstaunlicher war es, dass van Basten Ruud van Nistelrooy am Ende selbst demontierte, indem er ihn gegen Portugal auf der Bank ließ. Zur Strafe musste er dann den ungelenken Dirk Kuyt als Mittelstürmer aufbieten.

Dick Advocaat übrigens scheiterte bei der Europameisterschaft 2004 mit Holland erst im Halbfinale.

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