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Sport: Massage statt Party

Die DFB-Frauen stimmen sich auf das EM-Finale ein

Inmitten der Anzugträger, die im Hotel einen Kongress abhielten, wirkte die Frauen-Gruppe in ihren roten Trainingsanzügen wie ein Besuch aus einer anderen Welt. Die Frauen, das waren die deutschen Fußball-Nationalspielerinnen. Im Vergleich zu den ernst schauenden Business-Männern zogen sie nach dem 3:1 (0:1)-Sieg im EM-Halbfinale gegen Norwegen glücklich und entspannt durch das Hotel. „Wir haben uns gefreut“, sagte Stürmerin Kim Kulig. „Und wir haben sofort die regenerativen Maßnahmen für das Endspiel vollzogen.“ Massagen also statt Party. Feiern war strikt untersagt.

Zwar haben die Deutschen alle bisherigen fünf Spiele für sich entschieden, doch für die ehrgeizigen Weltmeisterinnen zählen eben nur Titel. Die Spielerinnen kannten am Abend nur ein Thema: Das Finale am Donnerstag gegen England (18 Uhr, live im ZDF). „Bisher war für mich bei allen Turnieren im Halbfinale Schluss. Jetzt will ich endlich einen großen Titel mit nach Hause nehmen“, sagte Celia Okoyino da Mbabi.

Und die Chancen stehen gut, dass die 21-Jährige tatsächlich als Europameisterin Finnland verlässt, denn in 17 Spielen hat das deutsche Frauen-Team noch nie gegen die Engländerinnen verloren. Die Bilanz ist mit 15 Siegen und zwei Remis beeindruckend. Trotzdem „dürfen wir die Engländerinnen nicht unterschätzen“, sagte Bundestrainerin Silvia Neid. Und sich dürfen die Deutschen nicht überschätzen, schließlich gerieten sie im Halbfinale in der ersten Halbzeit 0:1 in Rückstand. Erst nach der Pause drehten die Deutschen durch die Tore der Einwechselspielerinnen Simone Laudehr, Celia Okoyino da Mbabi und Fatmire Bajramaj das Spiel. „Es kam richtig Schwung von der Ersatzbank. Dass es eine echte Mannschaftsleistung war, hat uns richtig zusammengeschweißt“, sagte Kim Kulig.

Silvia Neid hat es, unabhängig vom Finalausgang geschafft, zwei Jahre vor der WM im eigenen Land mehrere junge Spielerinnen in das Team zu integrieren. Kim Kulig und die drei Einwechselspielerinnen gehören zu denen, die bereit sind, stärker als die Generation um Birgit Prinz ins Rampenlicht zu treten. Linda Bresonik ist auch eine Vertreterin der jungen Generation. Kurz vor der Halbzeit schied die 25-Jährige mit einer Kapselverletzung am Sprunggelenk aus. Dass sie trotzdem gegen England spielen wird, tat sie noch im Stadion kund: „Ich bin ja kein Weichei. Ich spiele mit einem Tapeverband. Dann geht es schon.“

Eine andere gab sich nach dem Finaleinzug nicht kämpferisch, sondern äußerte ihren Unmut. Birgit Prinz, die als Kapitän schwer arbeitete, aber als Torjägerin weiter glücklos blieb, „ärgert es, dass ich mich noch immer rechtfertigen muss, wenn der Ball nicht ins Tor geht“. Im Olympiastadion von Helsinki kann die deutsche Rekordspielerin dennoch eine weitere Bestmarke aufstellen. Bei einem Sieg der deutschen Nationalmannschaft ist sie die erste Spielerin, die zum fünften Mal hintereinander den EM-Titel feiern kann.

Gregor Derichs[Helsinki]

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