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Sport: Mast- und Schiffbruch

Die Unfälle bei der Regatta Sydney – Hobart zeigen, dass Hochseesegeln nach wie vor lebensgefährlich ist

„Ich wusste nicht einmal, wer es war, er war voller Blut“, berichtete Dallas Kilponen von dem Moment, als er aus der Kabine kam. Der Mann voller Blut war sein Freund Ian Treleavan; gerade war er vom 40 Meter hohen Mast der „Maximus“ getroffen worden, der aufs Deck gekracht war. Dieser Unfall der neuseeländischen Yacht und die mehrerer anderer Boote haben erneut bewiesen, dass die berühmte Hochseeregatta Sydney – Hobart auch bei ihrer 62. Auflage immer noch ein gefährliches Abenteuer ist. Trotz modernster Technik und aller denkbaren Sicherheitsvorkehrungen – Segeln bleibt gefährlich, ja lebensgefährlich. Das diesjährige Rennen war das brutalste seit der Katastrophe von 1998, als sechs Segler ums Leben kamen und nur die mutigen Retter der Marine Dutzende Menschen von zerschmetterten Booten holten und dafür sorgten, dass es nicht wesentlich mehr Todesopfer gab.

Am Donnerstagabend kam der Sieger bereits in Hobart an: Die australische Yacht „Wild Oats XI“ profitierte auch von den Ausfällen und konnte als erstes Boot nach 42 Jahren erfolgreich den Titel verteidigen. Das Boot des Milliardärs Bob Oatley brauchte für die 628 Seemeilen (1163 Kilometer) lange Strecke zwei Tage und 8:52,33 Stunden. Viel wichtiger war aber etwas anderes. „Es ist ein Wunder, das niemand ums Leben gekommen ist“, sagte der verletzte Treleavan, nachdem er das Krankenhaus verlassen hatte. Inzwischen wurden alle Verletzten entlassen, die meisten hatten sich Knochenbrüche, Prellungen und Fleischwunden zugezogen.

Bei der „Maximus“ war vor allem die Tatsache bedenklich, dass der eine Tonne schwere Kohlefasermast auf das Deck gekracht war. Eigentlich soll das fast eine halbe Million Euro teure Stück – wenn es denn schon bricht – seitlich ins Wasser stürzen. Im vergangenen Jahr konnte die Yacht nicht am Rennen teilnehmen, weil kurz zuvor der Mast gebrochen war. Kritiker geben zu bedenken, dass die hochgezüchteten Riesenyachten mit Längen von 30 Metern und mehr so sehr auf Geschwindigkeit ausgelegt sind, dass das Risiko steigt.

Das Wetter war in diesem Jahr nicht so extrem wie bei dem furchtbaren Rennen vor acht Jahren, als gewaltige Stürme Wellenberge bis fast 20 Meter Höhe auftürmten. Die Crew der „ABN Amro“, deren Mast ebenfalls brach, erklärte, dass sie schon wesentlich schlechteres Wetter überstanden hätte, was durchaus glaubhaft ist, denn die Yacht hat immerhin das Volvo-Rennen rund um die Welt gewonnen. Während diese Boote wenigstens – wenn auch für viel Geld – repariert werden können, musste Besitzer und Skipper Mike Freebairn seine liebevoll restaurierte Yacht „Koomooloo“ ganz abschreiben: Die 38 Jahre alte Yacht, die 1968 das Rennen gewonnen hatte, schlug leck, musste aufgegeben werden und ist inzwischen vermutlich gesunken. Die Besatzung wurde von einem Konkurrenten gerettet und später von einem Polizeiboot an Land gebracht. Von den 78 Yachten, die am 2. Weihnachtsfeiertag vor Hunderttausenden von Zuschauern in Sydney gestartet waren, mussten bis gestern Abend neun aufgeben.

Die Regatta Sydney – Hobart zieht alljährlich Segelprofis aus der ganzen Welt, aber auch ambitionierte Feierabendsegler an. Seit der Katastrophe von 1998 sind die Sicherheitsvorschriften drastisch verschärft worden, was die Teilnahme deutlich verteuert – und manchen Hobbysportler abschreckt. 1994 hatten sich noch 371 Boote auf den Weg nach Tasmanien gemacht, fast 300 mehr als diesmal. Damals und heute dabei war Lou Abrahams, die lebende Segellegende. Der 79-Jährige aus Melbourne war zum 44. Mal hintereinander am Start. Wenn er im kommenden Jahr noch einmal an Bord seiner Yacht „Challenge“ ins Rennen geht, wäre er alleiniger Rekordhalter. Bislang ist sein Boot heil geblieben.

Alexander Hofmann[Sydney]

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