zum Hauptinhalt
Gähnt er oder schreit er? Paul-Henri Mathieu hätte man am Donnerstagabend wohl beides nachgesehen. Erst nach 5:41 Stunden besiegte er seinen Widersacher John Isner. Foto: AFP

© AFP

Mathieu gewinnt Rekordspiel bei den French Open: Rache für Mahut

In fünf Sätzen gewann der Franzose Paul-Henri Mathieu am Donnerstagabend das zweitlängste Spiel in der Geschichte der French Open gegen den Amerikaner John Isner.

Der stürmische Jubel und die schon heiser gewordenen „Paulo, Paulo“-Rufe der 15 000 französischen Fans hallten immer noch unaufhörlich über den Court Philippe Chatrier, als das Mobiltelefon von Paul-Henri Mathieu aufblinkte. Sein enger Freund Nicolas Mahut hatte ihm als Erster eine Nachricht geschickt: „Ich bin so stolz auf dich“, schrieb er. Und obwohl Mathieu mit seinen Kräften völlig am Ende war, tippte er mit zittrigen Fingern seine Antwort: „Ich bin so glücklich, dass ich dich rächen konnte.“

Es hatte etwas von einem Déjà-vu, was sich am Donnerstagabend in der zweiten Runde der French Open abspielte. Obwohl sich das, was sich vor knapp zwei Jahren in Wimbledon zutrug, vermutlich ohnehin nie wiederholen lassen würde. Damals spielten Mahut und John Isner das längste Match der Geschichte, es zog sich über drei Tage und dauerte elf Stunden und fünf Minuten. Mit 70:68 im fünften Satz gewann am Ende Isner, Mahut ging als tragische Figur in die Tennishistorie ein. Dieses Mal waren die Vorzeichen ähnlich, denn der 2,06 Meter große Amerikaner traf wieder auf einen ungesetzten Franzosen. Doch im Vergleich zum Londoner Epos wirkte der 6:7, 6:4, 6:4, 3:6 und 18:16-Sieg Mathieus fast wie ein kurzweiliger Halbmarathon.

Aber das 5:41 Stunden andauernde Ringen der beiden wurde dennoch das zweitlängste Match der French-Open-Geschichte, ihre 76 Spiele waren gar ein Rekord in Paris. Als Isner bei Mathieus siebten Matchball die Vorhand verzog, lag um 21.08 Uhr längst die Dämmerung über dem Stadion. Mathieu riss erst etwas ungläubig die Arme empor, dann fasste er sich an den Kopf: „Ich dachte, wir würden das Match nie mehr beenden.“ Wie er es geschafft hatte, wusste Mathieu selbst nicht genau. Der mittlerweile 30-Jährige war mit einer Wildcard ins Hauptfeld gerutscht, nachdem er durch eine 15-monatige Verletzungspause nur noch auf Rang 261 liegt. Erst seit Ende Januar ist Mathieu zurück auf der Tour.

„Der Weg für mein Comeback war so hart“, sagte Mathieu später den Tränen nahe, „daher waren diese fünf Stunden heute eigentlich ganz einfach.“ Vor einem Jahr hatte man ihm das linke Bein brechen müssen, um die Arthrose in seinem Knie zu behandeln. Nur ein Drittel der Patienten können danach ihre Sportkarrieren fortsetzen. Bei Mathieu sah es zunächst nicht danach aus. Tennisspielen konnte er nur für 15 Minuten an jedem dritten Tag – mit Gipsbein, sitzend auf einer Bank. Doch er kämpfte, klammerte sich an den Wunsch, wenigstens noch einmal ein großes Match auf dem Court Philipp Chatrier zu spielen. Und er erfüllte ihn sich.

Doch er brauchte Geduld. Die braucht man oft gegen Isner, die Nummer zehn der Setzliste. Der Amerikaner ist prädestiniert für epische Matches, denn sein harter Aufschlag ist für den Gegner nur schwer zu durchbrechen, wohingegen ihm selbst nur selten ein Break gelingt. Auch gegen Mathieu spitzte es sich so zu, 41 Asse schlug Isner, erspielte sich aber keinen Matchball. Mathieu wirkte frischer, rannte dem Bällen unermüdlich hinterher, und das, obwohl er sich vor drei Tagen auch noch den Zeh gebrochen hatte. „Ich habe wirklich schon Schlimmeres erlebt“, sagte Mathieu.

Als Teenager galt er als das hoffnungsvollste Talent der Franzosen, doch immer wieder bremsten ihn Verletzungen aus. Highlights gab es nur wenige für ihn, bis Freitagabend. „Für dieses Moment habe ich gelebt. Nun werde ich feiern“, sagte Mathieu und hob eine Flasche mit einem Energiedrink in die Höhe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false