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Blick nach oben. Schon als Spieler konnte Matthias Sammer mit zweiten Plätzen nicht viel anfangen, daran hat sich auch als Manager beim FC Bayern nichts geändert. Foto: AFP

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Matthias Sammer: Gekommen, um zu reiben

Matthias Sammer ist der neue starke Mann beim FC Bayern. Außer der täglichen Arbeit von Trainer Jupp Heynckes ist für den neuen Sportvorstand nichts unantastbar.

Es war kurz nach dem Abpfiff des Supercupfinals in München, als Matthias Sammer auf Jupp Heynckes zuging. Der Sportvorstand des FC Bayern und der Trainer blickten sich an, Sammer streckte die rechte Hand zur Gratulation für den Sieg über Dortmund aus. Und plötzlich packte Sammer Heynckes dann doch an den Schultern, zog ihn zu sich heran – und die beiden Männer umarmten sich lächelnd.

Knapp sieben Wochen ist es nun her, dass Sammer seinen neuen Posten übernommen hat. Eine Anfangszeit „wie im Schleudertrauma“ sei es gewesen, sagte der Sachse. Doch allmählich, das zeigt nicht nur die herzliche Umarmung mit Heynckes, ist der 44-Jährige angekommen beim Rekordmeister. Nicht nur Trainer und Sportvorstand scheinen nach anfänglichem Hierarchiegerangel zu einer gemeinsamen Arbeitsbasis gefunden zu haben. „Sammer“, sagt Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, „tut schon jetzt, wofür wir ihn geholt haben.“ Er ist gerade dabei, mit Javi Martinez seinen ersten großen Transfer zu begleiten. Er stellt die internen Arbeitsabläufe auf die Probe, in der Jugendarbeit hat er nach der Kündigung von Nachwuchschef Jörg Butt das Kommando übernommen. Und er poltert auch mal öffentlich, selbst wenn es gegen den Präsidenten Uli Hoeneß geht – so etwas hätte Vorgänger Christian Nerlinger nie gemacht.

Dabei hatte es der neue starke Mann der Bayern anfangs vor allem mit dem Trainer nicht leicht. „Sammer ist nach München gekommen, weil ich mein Okay gegeben habe“, wiederholte Heynckes in den vergangenen Wochen oft. Der Trainer wurde nicht müde zu betonen, dass ihm keiner, aber auch gar keiner in Taktik und Aufstellung hineinredet. „Ich habe schon mit spanischen Präsidenten zusammenarbeiten müssen“, sagte Heynckes im Trainingslager in Italien mit Blick auf das neue Machtgefüge im Verein, „da musst du sehr viel Mut haben, sonst wirst du verraten und verkauft.“ Es ist nicht so, dass Heynckes erwartet, von Sammer hintergangen zu werden. Aber er wollte deutlich klarstellen, dass er mit dem neuen Sportvorstand auf Augenhöhe arbeitet, keinesfalls darunter.

Sammer hat die Botschaft schnell verstanden. Sprang er etwa noch beim ersten Testspiel der Vorbereitung gegen die SpVgg Unterhaching häufig an die Seitenlinie, um auf einzelne Spieler einzureden, so bewegte er sich beim Supercup keinen Zentimeter von der Ersatzbank – der Einzige, der an der Außenlinie ins Spiel eingriff, war Heynckes. Sammer betont inzwischen konsequent, dass er es begrüße, einen starken Trainer zu haben. Und als Uli Hoeneß vor dem Ligacup in Hamburg mehr Leistung des inzwischen verletzten Mario Gomez forderte, da sprang Sammer demonstrativ dem Trainer zur Seite und schrie laut auf. Er werde es nicht mehr zulassen, dass ein Spieler des FC Bayern öffentlich kritisiert wird. „Alle im Verein müssen an einem Strang ziehen“, beschied Sammer. Adressat Uli Hoeneß, so ist zu hören, hat diese Botschaft eigentlich ganz gut gefallen.

Matthias Sammer, der sich beim DFB gerne mal öffentlich mit Trainer Joachim Löw anlegte, wird wohl auch in nächster Zeit höchstens klubintern für die von ihm so gerne zitierten „Reibungspunkte“ sorgen, die „noch zwei, drei Prozent mehr aus den Spielern herauskitzeln“ sollen.

Ein bedeutender Anteil seiner Arbeit soll auch die Jugendarbeit sein. Da kommt es Sammer zupass, dass Jörg Butt, der erst am 1. Juli als Nachwuchschef angetreten war, gekündigt hat. Der frühere Torwart gab bekannt, dass er sein Tätigkeitsfeld „falsch eingeschätzt“ habe. Die Einlassung dürfte ein Hinweis darauf sein, dass er unter Sammer zu wenig Gestaltungsspielraum sah. So sehr sich also Sammer bemüht, Heynckes Autorität nicht zu untergraben, so sehr gestaltet er den FC Bayern bereits in den Strukturen, die ihm als Sportvorstand direkt untergeordnet sind: Nur zwei Tage nach Butts Abgang wurde der Chef der Scoutingabteilung, Wolfgang Dremmler, als neuer Nachwuchs-Verantwortlicher installiert. Dremmler gilt im Verein als loyaler Arbeiter: Er wird wohl vor allem das tun, was Sammer ihm aufträgt.

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