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Sport: Mayer mit Ypsilon

Ein Qualifikant ist in Melbourne der letzte deutsche Spieler

Berlin/Melbourne . Wie heißt Deutschlands bester Tennisspieler? Rainer Schüttler hätte man am Sonntag geantwortet, doch seitdem sind die ersten beiden Spieltage bei den Australian Open vergangen. Nach seinem Ausscheiden in der ersten Runde muss ein anderer Name genannt werden. Nimmt man nur das Abschneiden in Melbourne, so ist Deutschlands bester Tennisspieler 20 Jahre alt, erhält die Hälfte seines Reiseetats von seinen Eltern und heißt Florian Mayer. Mayer mit Ypsilon.

Was natürlich sehr schön ist für Florian Mayer mit Ypsilon. Als Qualifikant arbeitete er sich erst durch das Vorturnier und zog durch ein 7:5, 6:4, 6:3 über den 17-jährigen Franzosen Richard Gasquet in die zweite Runde ein. Erstmals nimmt er an einem Grand-Slam-Turnier teil. „Natürlich bin ich unheimlich zufrieden mit mir“, sagte Mayer, der in der Weltrangliste auf Platz 219 geführt wird. Doch er kennt auch die andere Seite seines neuen Status als letzter deutscher Spieler im Turnier. „Die Bilanz ist traurig für das deutsche Tennis“, sagt Florian Mayer.

Das deutsche Tennis ist der große Verlierer der ersten beiden Tage von Melbourne. Von neun Startern schafften es lediglich der Qualifikant Florian Mayer und Anca Barna in die zweite Runde. So schlecht wie seit 1979 nicht mehr, als die letzten beiden Herren in der zweiten Runde scheiterten. Nicolas Kiefer, Alexander Popp, Marlene Weingärtner, sie alle folgten dem Beispiel von Rainer Schüttler, der in Melbourne an Nummer sechs gesetzt war.

Doch während Marlene Weingärtner gegen Kim Clijsters, die Nummer zwei der Setzliste, die erwartete Niederlage (3:6, 2:6) bezog, enttäuschte Nicolas Kiefer wieder einmal seine Fans. „Das war nicht bescheiden, sondern sehr schlecht“, sagte Daviscup- Teamchef Patrick Kühnen. Beim 3:6, 6:4, 3:6, 4:6 bot Kiefer gegen den Italiener Filippo Volandri eine traurige Leistung. Insgesamt leistete er sich 48 unnötige Fehler. „Die Handbremse ist noch angezogen“, sagte Kiefer dem „Sportinformationsdienst“, „ich muss das Ding einfach mal lösen“. Kiefer steht sich selber ratlos gegenüber.

Nun vertritt also Florian Mayer bei den Australian Open als letzter Spieler jene Nation, die in Rainer Schüttler im vergangenen Jahr wenigstens noch einen Finalisten stellte. „Ich war schon ziemlich nervös“ sagte Florian Mayer, „die ganzen Topspieler in der Umkleidekabine zu sehen, ist überwältigend.“ Seit zwei Jahren arbeitet sich der Bayreuther trotz zweier Bänderrisse in der Weltrangliste von Platz 900 stetig nach vorne. „Vielleicht schaffe ich die Top 100 ja schon in diesem Jahr, danach kann es weiter nach oben gehen“, erzählt Mayer.

Für den Einzug in die zweite Runde erhält er als Preisgeld 17 000 Euro. Das Geld kann er gut gebrauchen, denn der Deutsche Tennis Bund hat die Zuwendungen an ihn gekürzt. „Wenn die Eltern nicht gesagt hätten, dass sie die Tenniskarriere ihres Sohnes die nächsten zwei Jahre finanziell unterstützen, wären wir nicht in Australien“, sagt Ulf Fischer, der den schlaksigen Youngster trainiert. „Er spielt einen total anderen Stil als die meisten anderen, hat ein Superhändchen und ist unberechenbar.“ In der nächsten Runde bekommt es Mayer mit dem ehemaligen Wimbledon-Finalisten David Nalbandian zu tun, der an Nummer acht gesetzt ist. „Ich will auf dem Platz vor allem Spaß haben, dann kann ich jeden schlagen“, glaubt Mayer. Ein deutscher Profi, der Spaß auf dem Tennisplatz hat – das ist in diesen Tagen schon etwas Außergewöhnliches.

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