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Nur mit Helm. Bei der „Mecklenburger Seen Runde“ trifft Sport auf Freizeit. Die Fahrer sind 300 Kilometer unterwegs in einer landschaftlich reizvollen Region.

©  Imago

Mecklenburger Seen Runde: 300 Kilometer Radsport für Jedermann

Ein großes Jedermann-Rennen soll Radler an die Mecklenburgische Seenplatte locken – Vorbild für die Ende Mai erstmals geplante Mecklenburger Seen Runde ist die legendäre Vätternrundan in Schweden.

Detlef Koepke steht kurz vor einem großen Sieg. Vor 21 Monaten hatte der 52 Jahre alte Kommunikationstrainer die Idee eines Radrennens für Jedermänner mitten durch die Mecklenburgische Seenplatte. Anfangs wurde er belächelt, von einigen angefeindet. So eine Veranstaltung wäre doch nur eine Kopie der „Vätternrundan“, des weltgrößten Jedermann- Radrennens, das seit 1966 in Schweden ausgetragen wird und bei dem jährlich zehntausende Hobby-Radler starten. Koepke ist die Runde um den Vätternsee selbst gefahren und gibt zu: „Davon habe ich mich inspirieren lassen.“ Nun hat er es fast geschafft, am 23. und 24. Mai findet die Premiere der „Mecklenburger Seen Runde“ statt. 300 Kilometer wie bei der Vätternrundfahrt sind dann zurückzulegen, dazu gibt es ein eigenes Frauenrennen über 90 Kilometer. Koepke, ein gebürtiger Wolfsburger, der seit einiger Zeit im mecklenburgischen Penzlin lebt, hat all das in den vergangenen eindreiviertel Jahren initiiert und organisiert. „Das Projekt ist durch und durch emotional“, sagt er.

Mecklenburgs Binnenland mit seiner Seenlandschaft ist noch weitgehend Geheimtipp

Mehr als 2500 Menschen werden Ende Mai auf die Strecke gehen, die in einer Runde von Neubrandenburg über Neustrelitz vorbei an der Müritz wieder zurück nach Neubrandenburg führt. Rund 800 ehrenamtliche Helfer sind im Einsatz, 250 Polizisten und 300 Feuerwehrleute sorgen für Sicherheit rund um die Strecke. Finanziert wird das ganze fast ausschließlich durch Startgelder, einen Hauptsponsor wie zum Beispiel beim Berliner Velothon gibt es nicht. „Die Veranstaltung wäre ohne Unterstützung der Behörden nicht möglich gewesen“, sagt Detlef Koepke. Schon frühzeitig warb er deswegen um Unterstützung aus der Politik. Mecklenburg-Vorpommern ist neben Bayern das beliebteste Urlaubsland der Deutschen. Allerdings verbringen zwei Drittel der Gäste ihre Ferien an der Ostsee. Das Binnenland mit seiner Seenlandschaft ist noch weitgehend Geheimtipp. „Wir brauchen eine Frischzellenkur für die Seenplatte“, sagt Tobias Woitendorf vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern.

Dabei kann die Radrunde helfen. Tatsächlich beginnt die Saison mit dem Jedermann-Rennen hier nun früher. Hotelmanager freuen sich über eine stärkere Auslastung ihrer Unterkünfte schon im Frühjahr, und in den Orten an der Strecke rüsten sich die Einwohner wie für ein Volksfest. Auf der 300-Kilometer-Strecke gibt es insgesamt acht Verpflegungsstationen. Da die Radfahrer dort zu unterschiedlichen Zeiten ankommen, herrscht in den Orten am 23. und 24. Mai praktisch rund um die Uhr Hochbetrieb. „Die Seen-Runde soll Begegnungen schaffen“, sagt Koepke. Für die Region ist es eine Chance, sich zu präsentieren. Mit den Radsportlern kommt eine neue Gästeklientel, viele der Starter sind zum ersten Mal in der Mecklenburgischen Seenplatte. Langfristig soll die Veranstaltung internationalisiert werden und noch mehr Touristen anlocken.

Nicht nur landschaftlich, auch kulinarisch soll es abwechslungsreich zugehen

„Wenn wir den Veranstaltern helfen, helfen wir uns“, sagt Stefan Rudolph, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus Mecklenburg-Vorpommerns. Ganz bewusst hat Organisator Koepke deshalb von Anfang an auf die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort gesetzt. Das fängt bei der Ausrüstung mit speziellen Fahrradtaschen durch ein Mecklenburger Unternehmen an und hört beim leiblichen Wohl auf. So wird es ein eigens für das Rennen konzipiertes Müsli geben, und auch eine Tomatensoße für die rund 2500 Radler kocht die dafür verantwortliche Lebensmittelproduzentin. Nicht nur landschaftlich, auch kulinarisch soll es abwechslungsreich zugehen.

Dazu erhofft sich auch der professionelle Radsport von der „Mecklenburger Seen Runde“ positive Impulse. Zwar boomen Jedermann–Rennen, dafür sinkt das Interesse am Leistungssport. Selbst die Tour de France hat aufgrund ihrer Dopingvergangenheit bei ARD und ZDF ausgespielt. „Solche Veranstaltungen sind eine Chance für den Radsport“, sagt der Rostocker Sprinter André Greipel, der das Rennen als Botschafter unterstützt. Der Profizirkus habe ein Imageproblem, „deshalb müssen wir in Deutschland um den Nachwuchs kämpfen“. Einen Kampf, den der Radsport zu verlieren droht, wenn bei Kindern und Jugendlichen nicht auf neue Art und Weise Interesse geweckt werden kann. Greipel denkt sogar schon weiter: „Vielleicht gibt es ja in Mecklenburg irgendwann auch ein Kinderrennen.“

So weit reichen Koepkes Überlegungen im Moment noch nicht. Für ihn stehen erst einmal „Qualität, Service und Sicherheit“ bei der aktuellen Austragung im Mittelpunkt. Gerade der Gesundheit aller Teilnehmer kommt auf einer Strecke, die schon wegen ihrer schieren Länge nicht extra abgesperrt werden kann, besondere Bedeutung zu. Kritische Abschnitte werden von Streckenposten überwacht, ansonsten gilt überall die Straßenverkehrsordnung. Und erst wenn jeder Teilnehmer gesund im Ziel angekommen ist, wird Koepke seinen Triumph wirklich genießen können.

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