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Sport: Mehr Egoismus wagen

Basketballer John Best passt sich seinem neuen Team Alba Berlin zu sehr an – gegen Treviso soll sich das ändern

Berlin. Es ist ja nicht so, dass John Best noch nie Meister war. 1998 gewann der Basketballprofi den Titel mit den Shell Turbochargers – in einer Liga, die mit klangvollen Vereinsnamen auszugleichen versucht, dass die Philippinen nicht gerade zu den großen Basketballnationen zählen. Zuvor hatte Best schon mit Olympic Fribourg den Schweizer Titel gewonnen, doch auch die dortige Liga ist nicht sonderlich prestigeträchtig. Bei Alba Berlin, Meister 1997 bis 2003 ohne Unterbrechung, sollen jetzt endlich große Titel hinzukommen. Dafür ist der 32-Jährige, der im Sommer von den Bayer Giants Leverkusen kam, bereit, viel zu investieren. „Er identifiziert sich völlig mit Alba und will unbedingt etwas erreichen. Er zeigt viel Engagement und Wille, und es ist ihm wichtig, alles zu geben“, sagt Albas Vizepräsident Marco Baldi.

Best passt sich an, an Deutschland, an Berlin, an Alba. „Wir trinken hier auch Wasser mit Kohlensäure“, erzählt der US-Amerikaner, obwohl er wohl ganz gut ohne dieses für ihn, seine Frau und seine drei Kinder ungewohnte Getränk auskommen könnte. Als er in Berlin einen Vertrag unterschrieb, machte ihm Trainer Emir Mutapcic klar, dass er abnehmen müsse, „als Flügelspieler braucht er Mobilität“ . 116 Kilo bei einer Größe von 2,03 Meter seien zu viel. Best trainierte sich die überflüssigen Pfunde ab, „jetzt wiegt er 107, 108 Kilo“, berichtet Mutapcic zufrieden. Anpassung ist Best gewohnt, ist er doch zu Beginn seiner Karriere im Jahresrhythmus umgezogen: von Le Mans nach Alcala (Spanien), Roanne (Frankreich), Fribourg, Angers (Frankreich) und auf die Philippinen.

In Leverkusen war er der Star im Angriff, machte im Schnitt 20 Punkte pro Spiel. In Berlin ist er bisher zwar der erfolgreichste Werfer, kommt mit durchschnittlich 15 Zählern in der Bundesliga aber auf eine deutlich geringere Trefferzahl. Mutapcic setzt in erster Linie auf eine starke Verteidigung, da gibt es auch für Best keine Ausnahme. „Es dauert eine Weile, sich daran zu gewöhnen“, sagt Best, „aber es wird jede Woche besser. Und Alba hat mir anfangs auch gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen solle, man erwarte von mir keine 20 Punkte pro Spiel.“ Klaglos macht er die Dreckarbeit, nach dem Sieg in der Europaliga gegen Tau Vitoria bescheinigte ihm Mutapcic eine „überragende Leistung“ in der Defensive. In der Europaliga, in der Alba heute Benetton Treviso empfängt (19.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle; live bei TV Berlin), macht er im Schnitt acht Punkte, gehört aber zu den besten Reboundern.

„Ich musste mich anfangs bewusst zurücknehmen, ich wollte niemandem auf die Zehen treten“, erzählt Best. „Er zeigt, dass er nicht der Star sein will, sondern mit dem Team etwas erreichen will“, sagt Baldi. Doch daraus ist bisweilen eine Über-Anpassung geworden in der Sorge, zu eigensinnig zu wirken. „Er opfert sich zum Teil zu sehr für das Team statt selbst eine Aktion auszuführen“, meint Baldi. Aus dem Mannschaftsspieler muss wieder ein kleiner Egoist werden.Vor dem Spiel in Istanbul vor einer Woche nahm Mutapcic seinen neuen Mann beiseite und riet ihm, „nicht so viel zu denken“. Dann würde sich vieles von selber ergeben.

Best grübelt jedenfalls nicht so viel, dass er dadurch seinen Humor verloren hätte. „Bei Benetton denke ich an die Shops und Klamotten“, sagte er, „aber die haben auch ein Topteam.“ Wenn Best heute zu einem Sieg beiträgt, steigert das die Chancen, dass Alba doch noch den Einzug in die Zwischenrunde schafft. Und der Titel mit den Shell Turbochargers nicht Bests größter Erfolg bleibt.

Helen Ruwald

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