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Sport: Mein Schicksalsspiel (Vi): Ich und der dicke Diego

Rauschender Sieg, grandioses Scheitern, der große Durchbruch oder der Anfang vom Ende: In unserer Serie "Mein Schicksalsspiel" erinnern sich Fußballer an Spiele, die ihre sportliche Karriere maßgeblich beeinflusst haben.Auf mein Schicksalsspiel sprechen mich die Leute noch heute an.

Rauschender Sieg, grandioses Scheitern, der große Durchbruch oder der Anfang vom Ende: In unserer Serie "Mein Schicksalsspiel" erinnern sich Fußballer an Spiele, die ihre sportliche Karriere maßgeblich beeinflusst haben.

Auf mein Schicksalsspiel sprechen mich die Leute noch heute an. Das war ein richtiges Highlight, das werde ich nie vergessen. Und eigentlich war ich einer der besten Spieler. Aber es kam dann doch ein bisschen anders.

Damals, es war in der Saison 1988/89, stand ich mit dem FC Bayern im Halbfinale des Uefa-Pokals. Unser Gegner war der SSC Neapel. Careca, Maradona, die spielten damals mit. Neapel war damals wirklich eine überragende Mannschaft. Die haben ja dann auch das Finale gegen Stuttgart gewonnen.

Im Viertelfinale haben wir erstmal Inter Mailand ausgeschaltet. Da spielten damals noch Brehme und Matthäus. Erst haben wir in München 0:2 verloren und waren eigentlich schon weg vom Fenster. Und dann kam das sogenannte Wunder von Mailand, als wir im Giuseppe-Meazza-Stadion 3:1 gewannen. Eine echte Überraschung, weil bei uns ja zu der Zeit nicht mehr die großen Stars gespielt haben, wie zum Beispiel Karl-Heinz Rummenigge. Nach dem Sieg war die Hölle los, und wir waren die Helden.

Und dann kam im Halbfinalrückspiel der SSC Neapel nach München. Wieder hatten wir das Hinspiel 0:2 verloren. Obwohl er damals schon übergewichtig war, hat der Diego Maradona in dem Spiel zwei Tore vorbereitet. Und in München hat er dann das Publikum wild gemacht und so richtig aufgedreht. Schon beim Aufwärmen hat er getrickst, und die Leute im Olympiastadion waren alle begeistert.

Dann ging das Spiel los. Schwierige Ausgangsposition. Vor solchen Spielen bin ich gar nicht so aufgeregt. Aber die Medien hatten wieder die große Revanche des FC Bayern angekündigt. Ich spielte rechten Verteidiger. Und irgendwann kam so ein hoher Ball in den Strafraum. Der Auge, also der Klaus Augenthaler, hat ihn dann hoch zurück gespielt. Und ich, vielleicht war ich nicht ganz konzentriert, wollte den Ball volley wegschlagen. Und dann kam der Maradona und hat mich weggedrängt. Wirklich geschickt, denn eigentlich wars ein Foul von ihm. Das hat man auch im Fernsehen nicht richtig gesehen. Naja, und dann habe ich halt daneben gehauen. Der klassische Querschläger. Ein Fauxpas. Das sah schon dumm aus. Und der Careca hat locker zum 1:0 eingeschoben. Keine Chance für unseren Tormann.

Wir hätten dann vier Tore machen müssen. Aber die Neapolitaner waren zu stark an dem Tag. Das Spiel ging 2:2 aus. Und wir waren draußen. Aber dann ging es erst los. Die Leute haben gewitzelt, dass das Spiel ja eigentlich ungültig war, weil doch rauskam, dass der Maradona Kokain genommen hatte. Und die Medien brauchten einen Sündenbock. Sie mussten sich irgendjemand raussuchen und auf ihm rumhacken. Das war dann ich. Die haben das so extrem gemacht, das kam bis dahin selten vor. Und ich habe meinen Fehler natürlich zugegeben, aber damit war die Sache für mich erledigt. Wenn man sich lange mit so etwas beschäftigt, dann ist man auf dem Fußballplatz nicht richtig. Aber von da an ging es bergab. Bei den Kritikern hatte ich viel verloren. Obwohl ich wirklich einer der besten Spieler war.

Man wird ja bei so einem Spiel nicht nach seiner Gesamtleistung gemessen. Die Journalisten haben richtig auf mich eingeschlagen. Wenn ich gut gespielt hatte, wars normal. Und wenn ich normal gespielt hatte, wars schlecht. So war das. Ich habe immer mehr an Kredit verloren. Hatte zwar auf fast allen Positionen gespielt und das wirklich gut. Und als Libero, immer wenn der Augenthaler ausgefallen ist, dann habe ich mich doch in die Herzen der Fans gespielt.

Es war eine schöne Zeit bei Bayern, aber die Einzelheiten bleiben eben hängen. Ich habe dann so einen Trend gesehen. Obwohl ich noch zwei Jahre Vertrag hatte, bin ich nur ein weiteres Jahr geblieben. Dem Uli Hoeneß, der war da schon Manager, habe ich Leid getan. Ich habe ihm gesagt, er soll an mich denken, wenn es irgendein Angebot aus dem Ausland gibt. 1989 wurden wir nochmal Erster, das war insgesamt meine vierte Deutsche Meisterschaft.

Dann kam ein Angebot aus Frankreich, und ich habe mir gesagt, okay, gehste noch woanders hin. Zusammen mit unserem schwedischen Stürmer Jonny Ekström bin ich also nach Cannes in die erste französische Liga gegangen.

Das war auch eine schöne Erfahrung, wir haben dann sogar noch im Uefa-Cup gespielt. Aber eigentlich wäre ich gerne noch in München geblieben. Und bei meinem Abschied von Bayern war ich schon voller Wehmut. Nach zwei Jahren bin ich dann weg aus Cannes und zu Eintracht Frankfurt gewechselt. Da war der Dragoslav Stepanovic Trainer. Mit dem habe ich mich aber bald verkracht. Weil der Stepi immer die Stammspieler provoziert hat. Es hat einfach nicht geklappt.

Dann habe ich noch vier Jahre bei Waldhof Mannheim in der Zweiten Bundesliga gespielt. Und kurz vor dem Aufstieg sind wir immer gescheitert. Im Dezember 1995 war dann Schluss. Aber ich habe immer an die Bayern gedacht, das war doch das Schönste.

Rauschender Sieg[der gro&sz], grandioses Scheitern[der gro&sz]

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