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Sport: „Mein Trikot war schon gedruckt“

Oliver Reck über Torhüter als Stürmer

Die Personalprobleme der Türkei vor dem Halbfinale brachten Trainer Fatih Terim auf eine verwegene Idee. Weil auf der Bank nur ein Torwart (der Einspruch gegen Volkans Sperre wurde gestern abgelehnt) und vier Spieler übrig bleiben, überlegt der türkische Trainer, seinen dritten Torhüter als Feldspieler aufzubieten. „Ich habe die Uefa aufgrund der dringlichen Situation gefragt, ob das geht“, sagte Terim. „Tolga Zengins Kontrolle über seine Füße ist zwar schlecht, aber ich werde schon eine Elf zustande bekommen, die aufs Feld kann.“ Ob Spaß oder tollkühne Realität – auch den Deutschen sind solche Überlegungen nicht fremd.

Oliver Reck, was sagt Ihnen die Rückennummer 22?

Ehrlich gesagt, im Moment nicht viel.

Diese Rückennummer hat Ihnen Berti Vogts bei der EM 1996 vor dem Finale gegeben. Sie als dritter Torhüter sollten aufgrund der Personalknappheit womöglich sogar als Feldspieler auflaufen. Erinnern Sie sich?

Aber ja. Jetzt fällt es mir wieder ein. Die hatten das Trikot auch tatsächlich schon gedruckt. Und Trainer Berti Vogts hatte mit mir gesprochen und gesagt, dass es sein könnte, dass ich eingewechselt werde.

Wie haben Sie auf diese Ankündigung reagiert?

Ganz gelassen. Auch Oliver Kahn hatte ja schon ein Feldspielertrikot bekommen. Mit der Nummer 12, glaube ich. Es war vom Berti wohl auch ein bisschen scherzhaft gemeint. Aber zugetraut hätte ich es mir. Ich habe im Training mit der B-Mannschaft, gemeinsam mit Oli, ein paar Mal locker beim Elf gegen Elf gegen die A-Mannschaft gewonnen. Da habe ich ein paar überragende No-Look-Pässe gespielt. Das hat dem Trainer offenbar imponiert. Bei Otto Rehhagel in Bremen musste ich in Trainingsspielen sowieso öfter im Feld mitspielen. Das bringt einen Torhüter weiter.

Besonderes Feldspielertraining haben Sie also nicht mehr bekommen?

Nein, das war auch nicht nötig. Ich hätte schon gewusst, was ich machen muss.

Die türkische Nationalmannschaft hat jetzt ähnliche Verletzungsprobleme wie die deutsche Mannschaft damals. Trainer Fatih Terim will eventuell den Ersatztorhüter Tolga im Feld aufbieten. Wie bewerten Sie das?

Eins steht jedenfalls fest: Die Torhüter heute sind fußballerisch weiter als wir Torhüter von damals. Wenn ich René Adler sehe oder Manuel Neuer, die sind beide überragende Fußballer. Wie gut der türkische Keeper ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber Deutschland ist der Favorit in diesem Spiel, so oder so.

Verraten Sie uns doch noch, ob Sie lieber im Angriff, im Mittelfeld oder in der Abwehr eingesetzt worden wären, wenn es dazu gekommen wäre?

Das wäre mir völlig egal gewesen. Ich hätte mich auf allen Positionen mit allem, was ich habe, reingehauen.

Interview: Jörg Strohschein

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