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Sport: Meister der Worte

VfB-Trainer Magath will am liebsten den Europacup – heute startet Stuttgart in Glasgow

Glasgow. Hoch über dem Ärmelkanal servierten die Stewards Hühnchen an Honig-Thymian mit Kartoffel-Erbsenmus, einen leichten Salat und Obst zum Dessert. Einträchtig saßen Präsident Erwin Staudt und Trainer Felix Magath nebeneinander und plauderten, als mache der VfB Stuttgart einen Betriebsausflug zum Saisonabschluss. Vor dem ersten Auftritt der Schwaben in der Champions League am Dienstag bei den Glasgow Rangers (20.45 Uhr, live auf Premiere) fiel nach den tagelangen Attacken Magaths gegen die Vereinsführung und unzureichende Strukturen kein böses Wort mehr. Keine Rede mehr von den Drohungen Magaths, er gehe, wenn der Verein ihm nicht eine Perspektive böte, auch als Trainer die Erfolge zu erreichen, die er als Spieler feierte. „Ich will Meister werden, den Europapokal gewinnen“, sagte Magath und lächelte.

Die schwäbische Fußballfamilie genoss auf dem Weg zum ersten Gruppengegner in der Champions League, den Glasgow Rangers, die Aussicht über Manchester, die gleich den ungetrübten Blick auf die Spielstätte des nächsten Konkurrenten der Gruppe E Manchester United bot.

Der Blick beflügelte die Fantasie der Stuttgarter. „Ich halte das Viertelfinale für möglich. Ich bin stolz auf diese Mannschaft und bin sicher, sie kann auch in der Champions League eine gute Rolle spielen“, sagte Coach Magath. Und Kapitän Zvonimir Soldo beurteilte die Ausgangsposition so: „Es geht für uns um Platz zwei, Athen, Glasgow und wir stehen auf einem Niveau. Die Mannschaft ist im Vergleich zu letztem Jahr stabiler geworden, und da sind wir nur knapp an Celtic Glasgow gescheitert.“

Die Prämienstreitereien sind vom Tisch. Die Spieler bekommen jene 175 000 Euro, die von der Uefa pro gewonnenem Punkt ausgeschüttet werden. „Die Spieler haben den VfB gerettet, sie haben dieses Geld verdient“, sagte Magath. Die 13,75 Millionen Euro Einnahme ist für die VfB-Spieler eine Art Lebensversicherung. „Wir hätten Männer wie Kuranyi, Hinkel und Hildebrand verkaufen müssen“, sagte Magath und stichelte nach einem heißen Kaffee doch wieder ein bisschen. „Aber die Champions League darf keine Episode bleiben, der Verein, die Stadt und die Region müssen diese Chance erkennen“, sagt der VfB-Trainer. „Der Verein muss aufholen, was die Mannschaft vorgemacht hat.“

Den Diktator finden Schotten normal

Den großen Worten freilich muss der Teammanager nun Taten folgen lassen. „Einen Punkt“ gab er als Ziel in Glasgow aus. Das sagte Magath auch gleich den vielen schottischen Journalisten, die mit Mikrofonen und Kameras am Flughafen Glasgow warteten, bevor der Mannschaftsbus über den Motorway M 8 das Teamhotel ansteuerte. Dass Magath in Stuttgart schon als kleiner Diktator gilt, der seine Machtposition mit immer neuen Forderungen ausnutzt, finden die Schotten völlig normal.

Beim Training der Schwaben im Ibrox-Park unter wolkenverhangenem Himmel versuchten die schottischen Medienleute weiter herauszufinden, wer denn dieser VfB Stuttgart ist, obwohl der im Uefa-Cup schon gegen Celtic gespielt hatte. „Hier steht der Erfolg im Vordergrund. Da zählt der Sport noch und nicht das ewige Geldfragen“, frohlockte Magath.

Ziemlich selbstbewusst saß der Stuttgarter Coach bei der internationalen Pressekonferenz. Er kann am heutigen Dienstag seine stärkste Elf aufbieten, selbst der angeschlagene Abwehrchef Marcelo Bordon will den ersten Auftritt in der Champions League nicht verpassen. „Für uns alle ist das ein Traum. Wir wollen hier nicht nur einmal mitspielen, wir wollen das jetzt jedes Jahr möglich machen“, sagte Torwart Timo Hildebrand den schottischen Fernsehteams. Und bei denen zählt ein Torwart, der seit fünf Spielen ohne Gegentor blieb eine ganze Menge. Der Mannschaftsbus wartete bis Hildebrand fertig war gute 15 Minuten länger als geplant.

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