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Sport: Meister des Defizits

Dortmund hat Rekordverluste gemacht – aber in zwei Jahren will man wieder in der Gewinnzone sein

Im Grunde ist Borussia Dortmund gestern in den nationalen Wettbewerb zurückgekehrt. Der Klub kann sich Europa nicht mehr leisten. In den vergangenen Jahren hatte Borussia Dortmund noch Geld ausgegeben, als wäre der Klub immer noch einer der erfolgreichsten des Kontinents. „Wir werden nicht mehr mit internationalen Einnahmen planen. Das ist der neue Realismus“, sagte Gerd Niebaum, der Präsident des Klubs und Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH KGaA. Vor allem aber ist es die Konsequenz aus dem Rekordverlust des einzigen deutschen Fußballklubs, der an der Börse notiert ist. Das Geschäftsjahr 2003/2004 schloss die Borussia mit einem Konzernverlust von 67,7 Millionen Euro ab, und die Schulden, die die Dortmunder so belasten, stiegen von 73,5 auf 118,8 Millionen.

Es war vielleicht nicht die beste Idee von Gerd Niebaum und Manager Michael Meier, die Saisonbilanz im Dortmunder Westfalenstadion vorzustellen. Zum einen zog die wirtschaftliche Krise der Dortmunder beinahe mehr Journalisten an, als der Presseraum fassen konnte. Zum anderen ist gerade das Westfalenstadion eine Ursache dafür, warum die Bilanz der Dortmunder so schlecht ausfällt. Die Dortmunder hatten das Stadion vor zwei Jahren an einen Immobilienfonds verkauft und bezahlen nun jedes Jahr viel Geld für Miete, Tilgung und Zinsen. Bis zum Jahr 2017 sollte das Stadion wieder ganz in ihren Besitz übergehen.

„Das war zu ambitioniert, das Stadion ist zu belastend“, sagte Niebaum. Jetzt suchen Niebaum und Meier nach einem neuen, längerfristigen Modell. Sie prüfen dabei auch, ob sie eine Anleihe des Londoner Finanzmaklers Stephen Schechter über 120 Millionen Euro aufnehmen, damit das Stadion zurückkaufen und als Gegenleistung ihre Zuschauereinnahmen verpfänden. Ähnlich hat es vor ihnen auch schon der Revierrivale Schalke 04 getan.

Das Stadion ist eine Ursache für die finanzielle Schieflage, in die Borussia Dortmund geraten ist, die hohen Kosten für die Spieler eine andere. Bis zuletzt war die Bezahlung der Mannschaft auf dem Niveau der Champions League, ihre sportliche Leistung aber nicht mehr. In der vergangenen Saison haben sich die Dortmunder die Arbeit ihrer Fußballprofis 46 Millionen Euro kosten lassen, ein Jahr zuvor waren es sogar 60 Millionen Euro. In der laufenden Saison sollen es nur noch 35 Millionen Euro sein. „Dann hätten wir die Kosten innerhalb von zwei Jahren um 25 Millionen gesenkt“, sagte Manager Meier. Ihre hoch bezahlte Mannschaft haben die Dortmunder jedoch kaum verkleinert. Im Sommer konnten sie nur Torsten Frings abgeben, er ging zum FC Bayern München. Andere Spieler wie Tomas Rosicky oder Jan Koller blieben und belasten weiterhin die Kasse der Dortmunder. „Die Lage auf dem Transfermarkt hat ein Übriges getan“, klagte Niebaum.

Das finanzielle Elend hatte seinen Lauf genommen, als Dortmund sich 2003 nicht mehr für die Champions League qualifizierte. 30 Millionen Euro Einnahmen habe der Verein dadurch verloren, sagte Meier. Das Ausmaß der Krise hatte in den vergangenen Wochen immer schärfere Konturen angenommen. So verkündeten Niebaum und Meier gestern keine großen Überraschungen mehr. Sie beschrieben nur mit den genauen Zahlen den Tiefpunkt, an dem sich Borussia Dortmund mittlerweile eingefunden hat. Niebaum sieht jetzt jedoch die Trendwende gekommen und glaubt an die Rückkehr in die Gewinnzone innerhalb der nächsten zweieinhalb Jahre. Gestern gab er immerhin endgültig die Kapitalerhöhung der Aktiengesellschaft bekannt. 24 Millionen Euro erhalten die Dortmunder durch neue Aktien, was die Finanzsituation des Klubs etwas entspannt.

Die Bilanz kann das allerdings nur wenig aufhellen – und auch nicht die allgemeine Stimmung. „Wir sind auf dem Boden zurück, von der Euphorie des Börsengangs in die harte Realität der Konsolidierung“, sagte Niebaum. Von einem „spektakulären Verlust“ sprach er, und als er sein Grundsatzreferat über Ursachen und Auswirkungen der wirtschaftlichen Lage beendet hatte, ergänzte er noch: „Ich will nicht beschönigen, dass die eine oder andere Fehleinschätzung von uns zur Situation beigetragen hat. Es waren nicht nur höhere Mächte.“ Vielleicht wird es den beiden Geschäftsführern Niebaum und Meier nun auch zu viel. Auf die Frage nach einem dritten Geschäftsführer antwortete Meier: „Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind wir nicht beratungsresistent.“

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