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Sport: Meister werden ist auch schön

Werder denkt nach dem Aus in der Champions League in kleineren Kategorien

Nichts wie weg am spanischen Nationalfeiertag. Nur fort aus dieser wunderschönen Stadt. Im Sauseschritt hasteten die geschlagenen Protagonisten des Sportvereins Werder Bremen am gestrigen Vormittag zur bereitstehenden Chartermaschine am Flughafen von Barcelona. Es schien, als wolle kaum ein Bremer länger als nötig in Barcelona verweilen. Zu heftig war die Abreibung ausgefallen, die der Titelverteidiger der Champions League den hoffnungsvoll angereisten Norddeutschen verpasst hatte. Das Zustandekommen der 0:2-Niederlage beim FC Barcelona ernüchterte die in der Liga zuletzt so beschwingten Überflieger.

Sportchef Klaus Allofs war es, der noch nächtens im Bauch der Betonschüssel von Camp Nou alles tat, um negative Eindrücke zu verwischen. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die noch in der Entwicklung ist. Es hätte eines besonderen Momentes bedurft, um Barca zu schlagen.“ Doch besondere Momente zauberten nur Ronaldinho und Kollegen auf den Rasen. Persönlich verwandelte der Weltfußballer einen Freistoß „aus der Wundertüte“, so sah es Werders Abwehrspieler Per Mertesacker, unter der Mauer zum 1:0. „Ich habe darauf spekuliert, dass sie hoch springen“, feixte Ronaldinho, „also habe ich in dieser Woche immer wieder trainiert, den Ball flach durch die Mauer zu schießen.“

Der Kunstschuss war der Anfang vom Ende – und für Bremens Trainer Thomas Schaaf der Anlass, Grundsätzliches zu hinterfragen. „Bei unseren großen Leuten reicht es doch, sich auf die Zehenspitzen zu stellen.“ Als wenig später noch der Isländer Eidur Gudjohnsen traf, war das vermeintliche Endspiel nach 18 Minuten schon entschieden, ehe es eigentlich begonnen hatte.

„Ich hätte gerne gesehen, dass Barca nervös geworden wäre“, sagte Allofs. „Aber wir beurteilen unser Team nicht nach einem Spiel an einem Tag: Von unseren drei Spielzeiten in der Champions League war das die stärkste. Wer hat denn vorher erwartet, in dieser Gruppe zehn Punkte zu holen?“ Das mag stimmen; und gewiss darf Allofs die wirtschaftlichen Gegebenheiten – Bremen kassiert 23 Millionen Euro, Barcelona 143 Millionen aus dem nationalen TV-Vertrag – erwähnen. Und doch war Werder mehr zugetraut worden, als eine halbe Stunde lang nur Beiwerk für ein brillantes wie berauschtes, von Ronaldinho, Deco oder Iniesta leichtfüßig geführtes Barca-Ensemble zu mimen. „Es lag an unserer eigenen Blödheit“, sagte Per Mertesacker. „Wir wollten mehr Mut und Leidenschaft zeigen. Die erste Halbzeit war der Champions League nicht würdig.“

„Ich bin enttäuscht“, konstatierte Thomas Schaaf. Vielleicht waren es die von Barca-Coach Frank Rijkaard artig auf Deutsch ausgesprochenen Komplimente („Die zweite Halbzeit hat gezeigt, dass Bremen eine gute Mannschaft hat. Ich habe großen Respekt vor dem deutschen Fußball“), die Werders Trainer milde stimmten. Unaufgeregt suchte der 45-Jährige in der Gesamtbetrachtung nach dem positiven grün-weißen Extrakt. „Dass es überhaupt zu diesem Endspiel gekommen ist, dass so viele Leute mit Werder gefiebert haben, das sind Zeichen, dass wir Tolles geleistet haben.“

Doch auch ihm wird nicht entgangen sein: Sogar ganz oben im dritten Rang des mächtigen Camp Nou, wo Tausende Werder-Fans saßen, dauerte es lange, die passenden Töne für diesen lehrreichen Abend zu finden. Das ewig gestrige „Wir-holen-den-Uefa-Cup-und-wir-werden-Deutscher-Meister“ diente später auf den Ramblas von Barcelona am ehesten dazu, die Enttäuschung zu mildern. Andere Ziele bleiben Werder nicht, dessen Gegner für die Februar-Begegnungen des Uefa-Cups nun am 15. Dezember ausgelost wird. Werders Sportdirektor Allofs zeigte noch in der Nacht zum Nikolaus bescheidene bremische Vorfreude: „Der Uefa-Cup ist kein Verlierer-Cup: Wir wollen in diesem Wettbewerb durchmarschieren.“ Und Schaaf versprach: „Das Ausscheiden wird auf die Bundesliga keine Auswirkungen haben.“ Der erste Beweis kann am Samstag bei Eintracht Frankfurt erbracht werden.

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