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Sport: Melbourne tut Anke Huber gut

MELBOURNE .Im offiziellen Handbuch der Spielerinnen-Gewerkschaft WTA listet Anke Huber unter ihren Lieblingsstädten seit Jahren stets nur zwei Metropolen auf: Die vibrierende Olympiastadt Sydney.

MELBOURNE .Im offiziellen Handbuch der Spielerinnen-Gewerkschaft WTA listet Anke Huber unter ihren Lieblingsstädten seit Jahren stets nur zwei Metropolen auf: Die vibrierende Olympiastadt Sydney.Und den eher beschaulich-ruhigen Grand-Slam-Schauplatz Melbourne."In Australien", sagt Anke Huber, "lebe ich unheimlich gern.Und ich spiele hier immer mein bestes Tennis".Seit sie als 17jähriger Kinderstar in der Saison 1991 mit einem Viertelfinal-Vorstoß weltweit für Schlagzeilen sorgte und damals in der Runde der letzten Acht nur hauchdünn gegen die Weltranglisten-Erste Monica Seles verlor, hat die ansonsten unter jähen Formschwankungen leidende Karlsdorferin niemals enttäuschende Ergebnisse "down under" erzielt: "Die entspannte Atmosphäre tut mir immer gut", sagt die deutsche FedCup-Spielerin, "von mir aus könnten hier zehn weitere Turnier stattfinden".

Auch in einer vielleicht schicksalhaften Saison 1999 hat das Abenteuer Melbourne für die 24jährige gut begonnen: Mit dem 7:5, 6:4-Sieg über die Rumänin Irina Spirlea katapultierte Huber am Eröffnungstag als einzige Spielerin eine der Gesetzten aus dem Wettbewerb.Die Badenerin, sonst selbst für Unmengen leichter Fehler anfällig, behielt im schwierigen Auftaktmatch Ruhe und die Selbstkontrolle: "Diesmal habe ich mir nicht selbst ein Bein gestellt", meinte die letztjährige Halbfinalistin, die in Melbourne ein gewaltiges Punktepolster zu verteidigen hat.Eine Schlappe gleich zu Beginn, so Huber, "wäre verdammt bitter gewesen".

Auch dem erklärten Neuanfang in ihrer zehnten Profisaison hätte ein Sturz auf den ersten Grand-Slam-Metern nicht gutgetan.Immerhin hat sich die Mitt-Zwanzigerin für dieses Jahr noch einmal einen "energischen Angriff" auf die Ranglistenspitze und ein "Ausschöpfen meines wirklichen Potentials" vorgenommen.Seit zwei, drei Spielzeiten leide sie selbst darunter, "daß ich nicht das zeige, was ich eigentlich kann".Die mitleidigen Bemerkungen, sie spiele "unter ihrem Niveau", könne sie einfach "nicht mehr hören", sagt Huber: "Ich will endlich einen Durchbruch schaffen".

Um den eigenen Ehrgeiz zu beflügeln, hat die ehemalige Top-Fünf-Spielerin mit dem Österreicher Gerald Mild auch einen neuen Trainer verpflichtet.Für viele Beobachter kam die Ablösung des zwar fachlich starken, aber doch zu nett und verbindlichen Ungarn Zoltan Kuharsky zu spät.Zudem belasteten Animositäten zwischen Kuharsky und Huber-Manager Ralf Scheitenberger ("Der Zoltan ist zu weich") das Betriebsklima im Huber-Clan.Mit dem Trainertausch ist allerdings auch die Zeit der Ausreden vorbei für Anke Huber, die nun zeigen muß, "daß mehr Power in ihr steckt und daß sie jede Spielerin der Welt schlagen kann", wie FedCup-Trainer Markus Schur sagt.Ein Zweitrunden-Aus gegen die Österreicherin Sylvia Plischke wäre da eine böse Überraschung.

An einem düsteren Starttag für die deutschen Tennis-Botschafter überzeugte neben Huber nur noch der wackere Jens Knippschild, der in einem knapp vierstündigen Tennis-Marathon bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gehen mußte, einen 0:2-Satzrückstand aufholte und schließlich mit 3:6, 4:6, 7:6 (7:2), 7:5, 8:6 gegen den Australier Wayne Arthurs gewann."Ich war so kaputt, daß ich mir kaum noch allein die Schuhe ausziehen konnte", stöhnte Knippschild nach der Strapaze auf Court 7.Zeitweilig mußte sich Knippschild auch gegen die einheimische Kulisse erwehren, die ihren Mann mit aller Stimmgewalt in die zweite Runde pushen wollte."Manchmal", so Knippschild, "ging es zu wie bei einem Boxkampf".

Die Chance, die gegenwärtig eklatante Formschwäche des amtierenden US-Open-Siegers Patrick Rafter auszunutzen, ließ Oliver Gross leichtfertig aus: Auf dem Center Court war der Münchener bei der 2:6, 4:6, 3:6-Niederlage ohne Chance.Ärgern konnte Gross den australischen Nationalhelden nur in der Anfangsphase mit zwei Breaks, doch danach beherrschte Rafter trotz einer durchschnittlichen Vorstellung das Geschehen.Arbeitslos in Melbourne war nach Runde eins auch der Amberger David Prinosil, der mit 2:6, 6:7 (4:7), 6:7 (3:7) gegen Murat Safin (Rußland) auf der Strecke blieb.

Die erste Sensation verpaßte der international unbekannte Japaner Takao Suzuki, der den ATP-Weltmeister Alex Corretja an den Rand einer Niederlage brachte, als er bei 5:4 im vierten Satz zum Matchgewinn servierte.Zuguterletzt setzte sich der Spanier noch mit 6:3, 4:6, 3:6, 7:6 (7:5), 6:2 durch.Nicht am Start ist in Melbourne der verletzte chilenische Weltranglistenerste Marcelo Rios.

JÖRG ALLMEROTH

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