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Sport: Mensch zähmt Maschine

Kasparow gleicht aus gegen Schachcomputer „DeepFritz“

Eigentlich hat der Kampf Mensch gegen Maschine seinen Zauber längst verloren. Wenn die weltbesten Schachspieler gegen die spielstärksten Schachcomputer antreten, sind manche Partien eher Zeugnisse von Angst als von Qualität. Und am Ende geht es oft unentschieden aus, wie etwa das Duell Garry Kasparow gegen „DeepJunior" im Februar dieses Jahres. Ebenfalls unentschieden steht es zurzeit im New Yorker Athletic Club zwischen Kasparow und „DeepFritz“. In überlegener Manier gewann der 40-jährige Russe die dritte Partie und glich zum 1,5:1,5 aus (siehe Analyse). Am heutigen Dienstagabend wird er in der entscheidenden vierten Partie die schwarzen Steine führen.

Allein die ungewöhnlichen Spielbedingungen lassen ahnen, dass neue sportliche Erkenntnisse diesmal im Hintergrund stehen: Kasparow sitzt, eine dunkle 3-D-Brille auf der Nase, vor einem Monitor, auf dem die Figuren dreidimensional erscheinen, und sagt seine Züge an. Selbst bei einer Niederlage überweist ihm der Sponsor X3D Technologies 150 000 US-Dollar. Vor einem Jahr hatte die Maschine dem Weltmeister Wladimir Kramnik ein 4:4 abgetrotzt. Die Rechengewalt vermag Großmeister einzuschüchtern, doch blockierte Stellungstypen misshandelt der Computer weiterhin kläglich, das offenbarte die Niederlage am Sonntag.

Dabei hatte es gut angefangen für die Maschine. Wohl jeden menschlichen Gegner hätte der Russe innerhalb weniger Züge erledigt. Doch „DeepFritz", der bis zu neun Züge perfekt vorausberechnen kann, verteidigte sich gewohnt exakt und rettete ein Remis. In der zweiten Partie nahm Kasparow mit den schwarzen Steinen eine verdächtige Stellung in Kauf, die er gegen seinesgleichen, etwa gegen Kramnik, kaum hätte halten können. „DeepFritz“ wusste aber mit seinem Vorteil nichts anzufangen, ehe im 32. Zug etwas Allzumenschliches geschah: Gerade als Kasparow die Initiative zu übernehmen schien, unterlief ihm ein Anfängerfehler. „Ich habe einfach gepatzt“, ärgerte sich Kasparow hinterher. „Da hast du drei Stunden hart gearbeitet, eine viel versprechende Position erhalten. Dann machst du einen Fehler und gehst nach Hause.“

Kasparow – „DeepFritz" (3. Partie) 1.Sf3 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 d5 4.d4 c6 5.e3 a6 6.c5 Sbd7 7.b4 a5 8.b5 e5 9.Da4 Dc7 10.La3 e4?! (Eine unverständliche Wahl. Denn nun entsteht ein geschlossener, von blockierten Bauern geprägter Stellungstyp, den Computer erfahrungsgemäß planlos behandeln.) 11.Sd2 Le7 12.b6 (Kasparow schließt die Stellung ab, sein König wird hinter der Bauernkette Schutz genießen; aber vor allem steht der schwache Bauer a5 zum Abholen bereit.) 12...Dd8 13..h3 0–0 14.Sb3 Ld6? (Hier offenbart sich die „Naivität“ des Rechners. Natürlich darf der Läufer d6 nun nicht genommen werden, wegen ...Sxb6 mit Damenverlust. Jeder Schachmeister hätte hier den einzigen Plan, der ein wenig Gegenspiel versprach, gefunden, nämlich ...Se8, ...f5 und später möglichst ...f4. „DeepFritz“ ignoriert hier und in der Folge die Idee ...f5 und bleibt deswegen chancenlos.) 15.Tb1 Le7 16..Sxa5 Sb8 17.Lb4 Dd7 18.Tb2 De6? 19.Dd1 Sfd7 20.a3 Dh6 21.Sb3 Lh4? 22.Dd2 Sf6? (Während „DeepFritz“ planlos herumzieht, macht Kasparow langsam und lehrreich Fortschritte: Zunächst verbessert er die Stellung seines Königs.) 23.Kd1 Le6 24.Kc1 Td8 25.Tc2 Sbd7 26.Kb2 Sf8 27.a4 Sg6 28.a5 Se7 29.a6! (Schafft sich einen gewaltigen Freibauern auf b) 29...bxa6 30.Sa5 Tdb8 31.g3 Lg5 32.Lg2 Dg6 33.Ka1 Kh8 34.Sa2 Ld7 35.Lc3 Se8 36.Sb4 Kg8 37.Tb1 Lc8 38.Ta2 Lh6 39.Lf1 (Die weißen Figuren stehen nun ideal.) 39...De6 40.Dd1 Sf6 41.Da4 Lb7 42.Sxb7 Txb7 43.Sxa6 Dd7 44.Dc2 Kh8 45.Tb3 1:0.

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