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Sport: Merkel trainiert

Der Auftritt der Kanzlerin beim DFB-Bundestag

Franz Beckenbauer kam wieder einmal im richtigen Moment. Gerade als Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrer Limousine entstieg und der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, sie auf den Stufen der Leipziger Oper in Empfang nehmen wollte, bog Beckenbauer um die Ecke und stellte sich wie selbstverständlich zum Empfangskomitee dazu. „Ich habe mich verlaufen“, sagte der Organisationschef der Fußball-WM 2006. Merkel lachte. Vom Leipziger Weihnachtsmarkt klang „Oh, du fröhliche“ herüber.

Die neue Kanzlerin ist am Freitagmorgen in die deutsche Fußballfamilie aufgenommen worden. Beim Außerordentlichen Bundestag des DFB, vor der abendlichen Auslosung zur WM 2006 in Leipzig öffentlichkeitswirksam platziert, hat sie ihre erste sportpolitische Rede gehalten. Dabei gelang es Merkel mit erstaunlicher Leichtigkeit, Fußballkanzler Gerhard Schröder zu beerben. Mit Blick auf die WM-Bewerbung Deutschlands, die erst von Helmut Kohl und dann von Schröder unterstützt worden war, sagte Joseph S. Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes: „Der Fußball hat die Große Koalition in der deutschen Politik schon vorweggenommen.“

Für Merkel barg der erste Auftritt in die Welt der Funktionärsmänner durchaus Peinlichkeitspotenzial. Als sie auf die Bühne trat, wurde sie von DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder zwar mit einem Handkuss begrüßt, doch im Saal breitete sich schnell gespannte Stille aus. Wie wird Frau Merkel mit dem Sport umgehen, mit dem sie wenig verbindet? Gleich am Anfang passierte ihr ein kleiner Fauxpas: Sie spricht vom „Deutschen Fußball-Verband“. Dies aber war der Verband der DDR, der sich vor 15 Jahren aufgelöst hat, um im DFB aufzugehen.

Vorsichtig und mit leiser Stimme tastete sich Merkel in die Themen der Sportwelt vor. Hatte Schröder vor fünf Jahren beim 100. Geburtstag des DFB – ebenfalls in Leipzig – fehlerlos die deutsche Weltmeister-Elf von 1954 aufgesagt, verlegte sich Merkel auf die gesellschaftlichen Funktionen des Sports und auf den Nutzen der WM für Deutschland. Doch diese Themen hatten auch Schröder und dessen Sportminister Otto Schily (SPD) schon öffentlich ausgefüllt. Wohl auch deshalb hob Merkel in ihrer Rede die anderen Weltmeisterschaften hervor, die im kommenden Jahr in Deutschland stattfinden – etwa im Tischtennis, Hockey oder im Reiten. Schließlich fand Merkel eine Lücke, die Schröder gelassen hatte. „Sehr erfreulich finde ich die Entwicklung im Frauenfußball“, sagte sie unter Applaus. Merkel erinnerte daran, dass es im Uefa-Cup der Frauen im kommenden Mai zum deutsch-deutschen Finale zwischen Turbine Potsdam und dem 1. FFC Frankfurt kommt. „Da müssen sich die Männer anstrengen, um das zu schaffen.“ Darüber musste selbst Schröder lachen. Merkel ermunterte den DFB gleich noch, sich um die Frauenfußball-WM 2011 zu bewerben. Und ließ dann nebenbei den kleinen Satz fallen: „Aber zunächst einmal findet ja diese WM hier statt. Ich freue mich darauf.“

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