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Sport: Mexiko gilt nicht

Deutschland kann im Spiel um Platz drei gegen die Mittelamerikaner eigentlich nur verlieren

Im entscheidenden Moment versagte bei Jürgen Klinsmann der alte Stürmerinstinkt. Ziemlich unvermutet hatte sich dem Bundestrainer eine große Chance eröffnet, aber Klinsmann erkannte sie nicht. Ob die Deutschen bei einem Sieg gegen Mexiko im Spiel um Platz drei des Confed-Cups denn endlich einen Großen geschlagen haben würden, war der Bundestrainer gefragt worden. „Ohne den Mexikanern etwas Negatives zu wollen“, antwortete Klinsmann, „es wäre nicht das Gleiche wie Argentinien und Brasilien.“ Mexiko gilt nicht.

Das ist das Problem bei diesem Spiel um Platz drei, bei dem die Deutschen heute im Leipziger Zentralstadion (17.45 Uhr, live in der ARD) auf Mexiko treffen: Es zählt nicht so richtig. Als vor zwei Wochen die Tombola Confed-Cup begann, hat sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft Hoffnungen auf den Hauptpreis gemacht; jetzt aber ist das Auto bereits vergeben, die zweiwöchige Reise ebenfalls, und es geht nur noch darum, ob sie das Salatbesteck bekommt oder den Sektkühler. Die Deutschen haben schon verloren. Aber es kann noch schlimmer werden. Das liegt vor allem an Mexiko. „Ich hätte lieber gegen Argentinien gespielt“, sagt Bastian Schweinsteiger. Gegen Argentinien haben die Deutschen in diesem Jahr schon zweimal gespielt: Sie führten jeweils 1:0 und 2:1, und beide Male reichte es am Ende doch nur zu einem 2:2. Vielleicht hätten die Südamerikaner das Mini-Finale der Mini-WM nicht mehr ganz so ernst genommen, ein paar Ersatzspieler aufgeboten und die Deutschen tatsächlich gewonnen, einen Großen geschlagen und diese leidige Serie der Erfolglosigkeit damit elegant beendet.

Gegen Mexiko geht das schon deshalb nicht, weil Klinsmann die günstige Gelegenheit verpasst hat, die Mittelamerikaner einfach zu Großen zu erklären. In der öffentlichen Wahrnehmung ist Mexiko immer noch der typische Achtelfinalausscheider, so was wie Paraguay oder Belgien. Beim Confed-Cup aber haben die Mexikaner den Übergroßen Brasilien geschlagen, und sie haben einen sehr eigenen und sehr unangenehmen Fußball gespielt: In der Abwehr sind sie schwer zu überwältigen, in der Offensive jederzeit gefährlich. Trotzdem wäre eine Niederlage dem deutschen Publikum nur schwer zu vermitteln. Als Deutschland muss man so einen Gegner einfach schlagen.

Und was, wenn nicht? „Dieses Spiel ist für den Gesamteindruck sehr wichtig“, sagt Arne Friedrich, der heute wegen eines Blutergusses in der Wade nicht spielt. Der Gesamteindruck ist ohne Zweifel positiv: Die Mannschaft hat Fehler gemacht, aber sie hat auch gezeigt, dass sie fähig ist, solche Fehler beim nächsten Mal nicht mehr zu machen. „Als Mannschaft sind wir enorm gewachsen“, sagt Klinsmann. Gegen Australien hat die Mannschaft offensiv stark gespielt, gegen Tunesien defensiv stark, gegen Argentinien beides recht gut kombiniert, und die Niederlage gegen Brasilien gilt immer noch als sehr unglücklich. So hat sich die Nationalmannschaft beim Confed-Cup eine schöne kleine Euphorie gebastelt. Nach einer Niederlage gegen Mexiko aber würde die böse Boulevardpresse kommen, einmal drauftreten und die schöne kleine Euphorie gleich wieder kaputtmachen.

„Wir wollen nicht gegen Mexiko verlieren“, sagt Schweinsteiger. In Wirklichkeit dürfen die Deutschen nicht gegen Mexiko verlieren, damit sich der Blick auf das Turnier nicht doch noch entscheidend verändert: Sonst hat die Mannschaft gegen Australien defensiv versagt, gegen Tunesien in der Offensive gestümpert, gegen Argentinien zweimal eine Führung weggeschenkt und gegen Brasilien wieder einmal nicht mithalten können. „Es ist wichtig, dass wir das Turnier mit einer guten Note zu Ende bringen“, sagt Jürgen Klinsmann.

Schon deshalb deutet einiges darauf hin, dass der Bundestrainer mit einer Spiel-um-Platz-drei-Tradition bricht. Wenn das Turnier eigentlich schon zu Ende ist, dürfen in der Regel auch die Spieler einmal spielen, die bisher für nicht gut genug befunden wurden. Tim Borowski, Patrick Owomoyela und Thomas Brdaric werden aber wohl auch gegen Mexiko nicht zur Anfangself gehören. „Wir nehmen das Spiel sehr ernst“, sagt Klinsmann. Dass Oliver Kahn, die erklärte deutsche Nummer eins, beim letzten Spiel im Tor steht, hat allerdings einen anderen Grund: Jürgen Klinsmann hat das bereits so festgelegt, als er noch hoffen konnte, dass das letzte Spiel für die Deutschen das Finale sein würde.

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